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Geschäfte im Internet: Virtueller Laden

Immer mehr Menschen klicken sich durchs Netz. Wer als Anbieter eine Marktlücke findet, hat gute Chancen, damit Geld zu verdienen - Wie Sie erfolgreich eine Webseite betreiben.

Die Idee kam Claudia Helming und Michael Pütz in Moskau. Überall in den Kaufhäusern stießen sie auf Massenprodukte, auf bunte Matrjoschka-Puppen und Sowjetabzeichen. Nichts Besonderes, was man zurück nach Deutschland hätte mitnehmen und zu Weihnachten verschenken können. Alles Masse, keine Klasse. Wieder in Berlin setzten sich der Softwareentwickler und die Geisteswissenschaftlerin zusammen und Konzipierten Dawanda. Das war vor zwei Jahren.

Heute betreiben sie einen florierenden Internetmarktplatz für das besondere Geschenk, für handgemachte Bekleidung und Accessoires. Der Umsatz steigt kräftig, monatlich um 25 bis 30 Prozent. 25 000 Verkäufer bieten ihre Produkte 150 000 Käufern an. Das Unternehmen beschäftigt inzwischen 13 Mitarbeiter.

Dawanda ist eines von zahlreichen jungen, erfolgreichen Internetunternehmen in Deutschland. Nach dem Platzen der Internetblase im Frühjahr 2000 entstehen seit gut zwei Jahren wieder neue virtuelle Firmen. Vor allem in Berlin sind die Gründer aktiv, wie eine Statistik des Branchendienstes Deutsche-Startups.de zeigt. Sie stellen Marktplätze wie Dawanda ins Netz, Onlineshops, soziale Netzwerke, Nachrichten-Blogs oder Online-Spieleseiten.

Auch die Finanzkrise und die Meldung, dass Ebay zehn Prozent der Stellen streicht, hält die Gründer nicht ab. „Dass bei Ebay Leute entlassen werden, ist in der Szene sogar positiv aufgenommen worden“, sagt der Chefredakteur von Deutsche-Startups, Alexander Hüsing. „Dadurch sind wieder mehr gute Mitarbeiter auf dem Markt.“ Die Krise führe zwar dazu, dass potenzielle Geldgeber die Businesspläne genauer prüften. Gute Konzepte würden aber auch weiterhin Finanziers finden, ist Hüsing überzeugt.

Ein gutes Geschäftskonzept ist das A und O – auch dann, wenn der Gründer keine Investoren überzeugen muss. Schließlich gilt es, genügend Kunden zu gewinnen. Die Chancen dafür stehen derzeit zwar grundsätzlich gut, „da immer mehr Menschen ins Internet gehen und der Markt folglich wächst“, erklärt der Berliner Risikokapitalgeber Lukasz Gadwoski, der sich als Mitgründer von StudiVZ und als Spreadshirt-Chef einen Namen gemacht hat. Allerdings könne man die Menschen nur mit Geschäftsmodellen begeistern, die „ein Problem lösen, also nützlich sind“, so Gadwoski. Der User will etwa vom Sofa aus Geschenke kaufen oder Gleichgesinnte treffen. Die besten Chancen hätten Unternehmen, die eine möglichst große Zielgruppe ansprechen und mit deren Konzept sich unmittelbar, also nicht nur durch Werbeeinnahmen, Geld verdienen lässt.

Ein gut ausgearbeitetes Konzept ist außerdem wichtig, um zu überprüfen, ob die Idee schlüssig und die Umsatzerwartung realistisch ist. Und es kann grobes Gerüst für den Programmierer sein.

„Ich habe die Struktur und den Inhalt jeder einzelnen Seite auf ein Blatt Papier aufgezeichnet“, erklärt Jens Lauer, Gründer des Kauf- und Hilfeportals „kauhi.de“. Anschließend hat er gemeinsam mit dem Programmierer festgelegt, welche Funktionen die Seiten brauchen und wie sie grafisch gestaltet sein sollen. An den Start gehen kann das Unternehmen aber erst dann, wenn auch alle rechtlich relevanten Inhalte wie Impressum oder Widerrufsklausel eingefügt sind, warnt der Fachanwalt für Internetrecht Jan Schüschen (siehe Kasten).

Steht die Seite fix und fertig im Netz, ist die Basis für das Unternehmen geschaffen. Mehr allerdings noch nicht. Es reiche nicht aus, eine Seite ins Netz zu stellen und auf Besucher zu warten, warnt Udo Raaf, der vor fast zehn Jahren das Musikportal tonspion.de gegründet hat und seit drei Jahren zudem den Webguide netselektor.de betreibt. „Es wird keiner kommen“, so Raaf. Wer erfolgreich sein wolle, brauche Aufmerksamkeit.“ Und die muss man sich erst einmal erwerben. „Wir haben zu Beginn 500 Kreative und Handwerker angeschrieben“, erinnert sich Dawanda-Chefin Helming an den ersten Versuch, potenzielle Anbieter für ihre Seite zu gewinnen. Kauhi-Gründer Jens Lauer hat hunderte von Pressemitteilungen versendet. Das ist gut investierte Zeit: Sobald Zeitungen und Magazine über eine neue Internetseite berichten, steigt der Bekanntheitsgrad – und das mitunter rapide.

Ebenso ratsam ist es, „in einschlägigen Internetblogs über das Unternehmen zu schreiben“, sagt Helming. Diese Praxis dient nicht nur dazu, die Leute neugierig zu machen. Je mehr Links auf das eigene Unternehmen verweisen, desto wichtiger werde die Seite von Suchmaschinen eingestuft und desto größer sei die Chance, auf den Trefferlisten weiter nach vorne zu rücken, so Raaf. Und weil ein oberer Platz bei Google und Co. nachweislich dazu führt, dass die Seite häufig frequentiert wird, sollte man jede Chance dazu nutzen.

Auch das Schalten von Anzeigen in Webkatalogen, den gelben Seiten des Internets, wie dmoz.org gehört dazu. Große Sprünge in den Trefferlisten sollte man – zumindest in den ersten Monaten – davon allerdings nicht erwarten. Bessere Ergebnisse erzielt eine professionelle Suchmaschinenoptimierung. Diese ist allerdings hoch kompliziert – und die Betreiber der Suchmaschinen legen die Kriterien für den besten Klick nicht offen. Agenturen, die wissen, wie es funktioniert, sind für Gründer meist zu teuer.

In die Kundenbindung zu investieren, kann da sinnvoller sein, rät Katja Kühnel, Internet-Expertin der Industrie- und Handelskammer. Empfehlenswert sei etwa, wenn sich Firmen im Netz zusammenschließen und so genannte Communities gründen.

Dawanda jedenfalls hat es offensichtlich richtig gemacht – und eine lukrative Marktlücke gefunden. Zu Weihnachten dürfte der Umsatz weiter steigen.

Sabine Hoelper

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