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Jobs & Karriere: Immer schön locker bleiben

Beim Smalltalk auf Firmenempfängen sollten Bemerkungen über Krankheiten, Religion und Politik tabu sein. Wie man einen Bogen um die zahlreichen Fettnäpfchen machen kann

Im Kalender steht es seit Wochen in roten Lettern, zweifach unterstrichen mit Ausrufezeichen: Der Jahresempfang des Vorstands steht an. Eine Ehre, dort eingeladen zu sein, denkt man sich. Wer das gepackt hat, ist auf einem guten Weg. Doch in der Magengegend bohrt ein äußerst beklemmendes Gefühl. Was ziehe ich an? Wie verhalte ich mich? Alles unklar. Studium und Ausbildung bereiten kaum auf gesellschaftliche Anlässe vor.

Seit einigen Jahren werden daher sogenannte Business-Knigge-Schulen immer beliebter. Denn eine Party mit dem Chef kann genauso wichtig sein wie ein üblicher Termin. Es werden Geschäfte gemacht, Kunden akquiriert, Kontakte gepflegt. Bevor die Party losgeht steht die Frage: Mit Schlips oder ohne?

„Steht auf einer Einladung ein Kleidervermerk sollte man sich unbedingt dran halten“, sagt Benimmtrainerin Susanne Helbach-Grosser von der Agentur Takt & Stil in Schwäbisch Gmünd. „Wenn der Chef mich und meinen Partner in die Oper einlädt, gelten andere Regeln als beim Firmenball oder auf der Feier einer Werbeagentur.“ Als Faustregel gilt: Der Gastgeber bestimmt den Stil. Trägt er einen Rolli zum Cordsakko, müssen die Gäste nicht im Zweireiher antreten.

Mit dem Sektglas in der Hand beginnt die Unsicherheit: Wie spreche ich Herrn Müller an? Worüber rede ich bloß? „Viele Partygäste meinen, man müsste beim ersten Gespräch den großen Knaller bringen“, sagt Michael Klein, Gründer des Business-Training Centers in Essen. Genau falsch: In den ersten Minuten sollte man besser über Urlaub, Hobbys oder das Wetter sprechen als über große Philosophie. „Mit schweren Themen kann man seinen Gesprächspartner verschüchtern, der Smalltalk bricht ab.“ Krankheiten, Religion und Politik sind dem aktuellen Benimmratgeber Knigge zufolge absolute Tabu-Themen.

Doch: Wenn alle Gespräche gleich laufen, wird’s schnell langweilig. „Wer mit einem coolen Spruch kommt, darf auch die Regeln brechen“, meint der Stilexperte. „Ach, ’ne rote Krawatte? Wohl gerade bei der Wahl gewesen! – sowas kommt an.“ Wenn die Gäste miteinander warm geworden sind, können die Themen auch politisch tiefgründiger werden. „Wichtig ist, dass sich niemand persönlich angegriffen fühlt“, sagt Klein. Auf geschäftlichen Partys will man schließlich Leute kennenlernen, nicht vertreiben.

Wer seine Smalltalk-Partner gefunden hat, wird sie oftmals nicht wieder los. Einer ist geschwätzig, der andere aufdringlich – bloß weg hier. Aber wie? „Wenn meine Kunden in der Runde stehen, sollte ich die nicht einfach angähnen“, meint Klein. „Höflich stehenlassen ist aber erlaubt.“ Kurz auf die Toilette gehen, einen Anruf auf dem vibrierenden Handy annehmen – etwas flunkern darf man.

Wenn bekannte Gesichter auftauchen, kommt man leichter ins Gespräch. Außer, man hat deren Namen vergessen. Selbst dann gibt es keinen Grund zur Panik, meint Sabine Schwind von Egelstein. „So etwas kommt vor, wenn man beruflich mit vielen verschiedenen Leuten zu tun hat“, sagt die Expertin für Umgangsformen im Berufsleben. „Man sollte dann nicht lange grübeln, sondern seine missliche Lage offen zugeben.“

Der Kollege sollte nicht den Eindruck bekommen, dass man ihn gänzlich vergessen hat. „Deshalb sollte man zeigen, dass man sich noch lebhaft an die Person erinnert“, sagt Schwind von Egelstein. „Wir haben uns doch auf der Messe in Hannover unterhalten“, könnte ein Einstieg sein. Wer grundsätzlich Probleme mit Namen hat, sollte sein Gedächtnis trainieren. Als guten Trick nennt die Stil-Expertin, schon bei der ersten Begegnung den neuen Namen zu wiederholen. „Durch das laute Aussprechen prägt er sich besser ein.“

Richtig daneben benehmen kann man sich auf Businesspartys leicht. Susanne Helbach-Grosser warnt vor allzu großer Lockerheit: „Auf der Tanzfläche sollte man keine wilden Verrenkungen machen, nicht zu aufdringlich flirten – und sich vor allem beim Alkohol zurückhalten." Manche Chefs oder Kollegen provozieren es, ihren Gegenüber beschwippst zu machen. Im Alkoholrausch sitzt die Zunge locker, auch Geschäftsgeheimnisse verlassen nach fünf Glas Whiskey den trauten Firmenkreis.

Auch die Alltagsdroge Nikotin ist laut Knigge längst verpönt – und das nicht erst seit dem Rauchverbot in Gaststätten. „Selbst wenn das Rauchen erlaubt ist, sollte man die Zigaretten auf geschäftlichen Anlässen in der Schachtel lassen“, meint Helbach-Grosser. Blauer Dunst ist aufdringlich.

Stilberater Michael Klein hält dagegen abgedroschene Phrasen in Gesprächsrunden als Partykiller schlechthin. „Im mittleren Management gibt es inzwischen ein festgefahrenes Vokabular“, sagt Klein. Da sprechen Geschäftspartner den Abend lang von Global Players, Investor Relations und PR-Content. „Nichts ist langweiliger als solche Klischees“, meint der Experte. Er nennt das Wortgestolper „Business-Talk“ und „Bullshit-Bingo“. Letzteres steht übringens für „hohles Geschwätz“ und hat sich unter manchen Kollegen als Spiel für öde Konferenzen etabliert. Die Regeln: Wer zuerst fünf Phrasen gesammelt hat, ruft laut „Bingo!“ – und hat gewonnen. Über Geldwetten wurde noch nichts bekannt.

Falk Pötz, Philipp Eins

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