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Jobs & Karriere: Lust und Frust des Netzwerkens

Gezielte Kontaktpflege macht nur Sinn, wenn sie ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist

Im Privaten kennen wir das alle: Eine Freundin passt auf die Kinder auf, im Gegenzug bringt man ihr etwas aus der Stadt mit. Der Bruder verleiht sein Auto und man revanchiert sich mit einigen Tipps zu seiner Steuerklärung. Den Begriff „Networking“ würde dafür wohl kaum jemand verwenden. Doch genau da fangen sie an: unsere Netzwerke. Was im privaten Bereich für die meisten Menschen selbstverständlich ist, wird im Beruf allerdings oft vernachlässigt – obwohl es dort ebenso wichtig wäre.

„Netzwerken beginnt im Kleinen“, sagt Marina Matthies vom Berliner Frauenbund. „Natürlich gibt es Vereine, Verbände und organisierte Netzwerke, die einen entsprechenden Rahmen bieten. Aber das wichtigste ist und bleibt der persönliche Kontakt, die Begegnung mit anderen Menschen.“ Damit Netzwerken funktioniert, ist ihrer Ansicht nach vor allem Eigeninitiative wichtig. „Als Teil eines Netzwerks darf ich nicht nur fragen, was andere für mich tun können. Ich muss auch überlegen, was ich anderen zu bieten habe – entweder weil ich selbst etwas kann oder weil ich über die entsprechenden Kontakte verfüge.“ Nicht umsonst sei ein geflügeltes Wort unter Netzwerkern: Ich gebe, weil Du gibst. „Das ist der Unterschied zu einer Geschäftsbeziehung: Da kauft man sich das, was man braucht, eben mit Geld.“

Am vergangenen Wochenende hatte die Organisationsberaterin wieder einmal Gelegenheit zu beobachten, wie spannend es sein kann, wenn Menschen – in diesem Fall Frauen – aus den verschiedensten Lebens- und Arbeitswelten sich austauschen: Da versammelten sich ehemalige Teilnehmerinnen des Lehrgangs „Mehr Frauen in die öffentliche Verantwortung“, den der Frauenbund im 16. Jahr anbietet, und schlossen sich zum „Netzwerk der Löwinnen“ zusammen. In Zukunft werden sie sich gegenseitig bei ihrem beruflichen Fortkommen unterstützen, zum Beispiel in Erfolgsteams: kleinen Gruppen, die sich regelmäßig treffen, berufliche Projekte der Gruppenmitglieder begleiten „und ihnen wenn nötig auch ein wenig Dampf machen“, schmunzelt Marina Matthies.

Der Versuch, sich ein Netzwerk aufzubauen, kann allerdings auch in einer Sackgasse enden. „Ist man zum Beispiel immer nur die Kummerkastentante für andere und bekommt nichts zurück, was einen selbst weiterbringt, sollte man seine Kontakte überprüfen“, sagt Marina Matthies. Die Berlinerin rät aber auch zur Geduld und zu einer langfristigen Sichtweise. „Ein gutes Netzwerk bedeutet nicht, dass man für jeden Rat oder jeden vermittelten Kontakt immer sofort eine Gegenleistung erhält.“ Manchmal dauere es eben etwas länger, bis sich die Gelegenheit ergebe, sich für eine Unterstützung zu revanchieren.

Dass Networking mühevoll und ineffizient ist, finden vor allem Menschen, die der Coach und Buchautor Ralf G. Nemeczek auf den Namen „Frust-Networker“ getauft hat. „Ich treffe immer wieder Leute, die nur auf ihren eigenen Vorteil schauen und sich dann wundern, dass sie kein wohlwollendes, hilfsbereites Netzwerk um sich haben“, sagt er. Der Frust- Networker denke, dass das einzige, was er anderen Menschen geben kann, seine Produkte und Dienstleistungen seien. „Dabei hält er vieles zurück, was wahrhaftes Networking ausmacht: Inspiration, Ideen, Kontakte, Ermutigung und Einfühlungsvermögen.“ Richtig macht es laut Nemeczek dagegen der „Lust-Networker“, der nicht nur mit dem eigenen Vorankommen beschäftigt ist, sondern auch überlegt, was er für andere tun kann. „Er ist aufgeschlossen, experimentierfreudig und neugierig und begreift das Netzwerken nicht als Mittel zum Zweck, sondern als bereichernde Erfahrung“, so der Businesstrainer.

Doch wie geht man vor, wenn man sich ein Netzwerk aufbauen will? „Dafür gibt es kein Patentrezept“, sagt Marina Matthies. „Man muss sich einfach auf die Suche machen.“ Das könne damit beginnen, zu schauen, welche Freunde, Bekannten und Kollegen interessante Gesprächspartner seien. Oder aber mit dem Besuch von Veranstaltungen, die zum Beispiel Berufsverbände oder Interessengruppen organisieren, und bei denen man wiederum Gleichgesinnte trifft.

Für viele sind auch Internetnetzwerke eine erste Anlaufstelle – allen voran die weltweit wohl bekannteste Business- Plattform Xing. Auf zwischenmenschliche Kontakte muss man hier zwar verzichten. Ansonsten gelten für ein effektives Netzwerken aber ähnliche Regeln wie im „echten“ Leben. Tipps hierzu findet man zum Beispiel in dem Blog „Ideen Fairmittlung“ unter http://ideen.fairmittlung.biz /category/networking. Oberstes Gebot: Kein wahlloser „Kontaktsammler“ werden. Nicht mit jedem, der einem online begegnet, muss man auch tatsächlich einen Kontaktwunsch austauschen. Stattdessen sollte man sich nur mit jenen vernetzen, an denen man echtes Interesse hat.

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