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Jobs & Karriere: Mit dem Nachtzug nach Paris

Um Schlafwagenschaffner zu werden, braucht man keine Ausbildung. Gute Chancen hat man mit Erfahrungen in der Gastronomie

Kurz nach dem Abendessen beginnt für Wolfgang Kriesel in Hamburg der Arbeitstag. Er endet am nächsten Morgen in Paris. Nach weiteren 24 Stunden kehrt er dann wieder nach Hause zurück. „Seit 30 Jahren bin ich nachts in Europa unterwegs und noch kein bisschen müde“, erzählt der Schlafwagenschaffner. Diesmal steht wieder einmal seine Lieblingsstrecke in die französische Hauptstadt auf dem Dienstplan.

Schlafwagenschaffner ist kein Ausbildungsberuf, sondern ein Job für „Nachteulen“, die sich für Arbeit in fahrenden Zügen begeistern können. Es gibt keine festgelegten Bewerbungsvoraussetzungen. Die Eignung wird individuell festgestellt. „Derzeit beschäftigen wir insgesamt 685 Mitarbeiter, 220 davon sind Frauen“, sagt Stefan Karpenstein von der DB AutoZug in Dortmund, die die deutschen Schlafwagen betreibt. „Die Zahl ist jedoch je nach Saison unterschiedlich.“ Neben einem festen Mitarbeiterstamm rekrutiert die DB AutoZug ihr Personal nach Bedarf. Zu bestimmten Zeiten wie in der Wintersportsaison oder den Sommerferien verkehren mehr Schlaf- und Liegewagen als zu anderen Zeiten. Die Jobs sind begehrt. Ansprechpartner für Interessenten sind die Niederlassungen in München, Berlin, Hamburg, Dresden und Dortmund.

„Die Ausbildung erfolgt durch Einweisungen und Schulungen“, sagt Karpenstein. Von Vorteil seien für die Bewerber Serviceerfahrungen in der Gastronomie oder dem Hotelgewerbe.

Kriesel ist studierter Sozialpädagoge und begeisterte sich für den Beruf des Schlafwagenschaffners, als er seinem Vater bei dessen Reisen zur Hand ging. So hing er die Erziehertätigkeit an den Nagel und machte das nächtliche Reisen zum Broterwerb: „Ich bin begeisterter Bahnfahrer und kombiniere so Beruf und Leidenschaft.“

In Deutschland rollen Schlafwagen seit etwa 140 Jahren, und so alt ist auch der Beruf. Die moderne Bezeichnung lautet wenig aussagekräftig Servicemitarbeiter. Der Service beginnt mit der Hilfe beim Einsteigen und beim Verstauen des Gepäcks sowie beim Aussteigen am Zielort. „Die Fahrgäste geben uns die Fahrscheine und wenn notwendig auch Personalausweise, damit sie in der Nacht nicht gestört zu werden brauchen“, sagt Kriesel. „Wenn gewünscht, wecken wir rechtzeitig vor der Ankunft.“ Die Schlafwagenschaffner sind Ansprechpartner während der gesamten Reise. „Auf jeden Fall müssen wir ständig Präsenz zeigen und sehr wachsame Augen haben.“ Sicherheit hat einen hohen Stellenwert.

Wer vor der Abreise nicht mehr zum Abendessen kam, kann bei den dienstbaren Männern und Frauen des Schlafwagens noch einen Imbiss ordern. „In den neuen Waggons gibt es auch eine Mikrowelle für die Zubereitung kleiner Speisen“, sagt Kriesel. Er serviert auf Verlangen auch Getränke aus seiner Bar im Abteil, vom Mineralwasser bis zum Sekt.

Auf vielen Strecken ist ein Frühstück im Preis enthalten. Während die Menschen in den Abteilen noch schlummern, müssen die Servicemitarbeiter Kaffee kochen, Teewasser bereitstellen und die Tabletts bestücken.

Der Fahrgast kann erwarten, dass der Schlafwagenschaffner rechtzeitig vor der Ankunft des Zuges an seinem Zielort an die Tür klopft. Schlafwagenschaffner leisten Nachtarbeit. „Ein Schläfchen zwischendurch ist nicht drin“, sagt Kriesel. Das holt er dann in einem Pariser Hotel nach, wenn er in einem Bistro gefrühstückt hat.

Am Abend fährt der Nachtzug nach Hamburg zurück, Kriesel betreut dann wieder die Gäste.

Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in der Woche. Jede seiner Reisen wird nach Dienststunden abgerechnet. Wolfgang Kriesel ist so sieben bis acht Mal pro Monat unterwegs. Bei der Diensteinteilung können die Schlafwagenschaffner Wünsche äußern. „Manche Kollegen fahren lieber lange Strecken, die anderen kurze.“ dpa

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