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Trend. „Es macht keinen Sinn, Akademiker mit Berufserfahrung abstraktes Lehrbuchwissen vorzubeten“, sagt DUW-Präsidentin Ada Pellert. Sie war zuletzt Professorin für Weiterbildungsforschung und Vizerektorin an der Donau-Universität Krems.

© Kitty Kleist-Heinrich

Weiterbildungsuniversität: "Die Arbeitgeber sollen mehr zahlen"

Berlins Weiterbildungsuni kämpft seit einem Jahr um zahlungskräftige Akademiker mit Berufserfahrung. DUW-Chefin Ada Pellert im Gespräch.

Früher war alles Theorie. Professoren dozierten und die Studenten sammelten Wissen für die Berufstätigkeit. Doch das hat sich geändert. Nach dem Bachelor gehen viele in die Praxis, um mit Berufserfahrung in den Hörsaal zurück zu kehren und den Master zu machen. Die Deutsche Weiterbildungsuniversität (DUW) in Berlin-Dahlem setzt genau hier an, seit sie vor einem Jahr ihren Betrieb aufnahm. Die Zielgruppe, die sie da umwirbt, ist lukrativ. Und sie wird wachsen.

Bildungsexperten und Hochschulforscher horchten damals auf, denn die Gründungsidee war hierzulande neu: Das Institut ist als Universität staatlich anerkannt, beschränkt sich auf das Feld Weiterbildung und gehört als Public Private Partnership zu je 50 Prozent der Freien Universität Berlin (FU) und der Stuttgarter Klett-Gruppe. Die zweijährigen Masterstudiengänge und kürzeren Zertifikatskurse sind speziell für Berufstätige mit erstem akademischen Abschluss konzipiert und werden als Mix aus Fernstudium, Online-Einheiten und Präsenzphasen am Block angeboten. Damit stellt sich die DUW einer harten Konkurrenz: Neben den staatlichen Universitäten gibt es allein in Berlin mehr als zwanzig private Hochschulen, von denen viele auch Angebote für Berufstätige haben. Deutschlandweit hat das Hochschul-Informations-System sogar mehr als 700 berufsbegleitende Masterstudiengänge ausgemacht. Um sich am Markt zu behaupten, wirbt die DUW mit der Qualitätsgarantie der Freien Universität Berlin gepaart mit Kletts Erfahrung als Betreiber von Fernfachhochschulen. Sie verspricht neuartige Studiengänge und hervorragende Bedingungen – für die, die es sich leisten können.

Frau Pellert, Sie leiten die DUW als Präsidentin nun seit einem Jahr. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Wie fällt Ihre aus?

Nachdem wir uns erst Anfang 2009 als Team zusammengefunden hatten, war es ein ehrgeiziges Ziel, schon neun Monate später den Lehrbetrieb aufzunehmen. 2010 war es dann spannend zu sehen, wie unser Programm bei den Studierenden tatsächlich ankommt und ob es für Berufstätige praktikabel ist. Aber das scheint gut zu klappen.

Dass eine staatliche Universität und ein Unternehmen so eng zusammenarbeiten, gilt unter Kritikern als Dammbruch. Nimmt die Wirtschaft jetzt direkt Einfluss auf Lehre und Forschung?

Bislang habe ich noch nicht erlebt, dass die Klett-Gruppe versucht, Einfluss auf unsere Lehr- und Forschungsinhalte zu nehmen. Das liegt auch gar nicht in deren Interesse. Wir profitieren vielmehr von Kletts langjähriger Erfahrung als Betreiber von Fernfachhochschulen. Und bei der Forschung muss man eher darauf achten, dass dieser Bereich nicht vernachlässigt wird. Denn das ist teuer und für alle Privatuniversitäten ein kritischer Punkt.

Von den 10 Millionen Euro Startkapital hat die FU die Hälfte eingebracht. Angesichts des Spardrucks an den Berliner Unis ist das eine enorme Summe.

Eben deshalb ist das Modell der DUW ja so genial: Der Anteil der FU besteht vor allem darin, dass sie uns das Gebäude zur Verfügung gestellt und es saniert hat. Außerdem nutzen wir deren Infrastruktur wie die Bibliothek und Forschungskooperationen. Dafür bekommt die FU einen Partner aus der Wirtschaft, der Geld in die Hand nimmt, um ihr den Einstieg in das Zukunftsthema Weiterbildung zu ermöglichen.

Will die FU jetzt also ihre Finanzlöcher stopfen, indem sie am lukrativen Weiterbildungsmarkt mitmischt?

Beide Partner erwarten, dass der Lehrbetrieb eines Tages etwas abwirft. Ich glaube aber nicht, dass es den Verantwortlichen nur ums Geld verdienen geht. Vielmehr sammelt die Uni Wissen und Erfahrung mit Studienmodellen für Berufstätige. Denn die Weiterbildung gehört auch zu den universitären Aufgaben. Angesichts der demografischen Entwicklung müssen sich die Hochschulen künftig stärker auf diese Zielgruppe konzentrieren.

Sieht so die Zukunft der universitären Weiterbildung aus – staatliches Etikett, finanziert mit privaten Mitteln?

Alle großen Universitäten im deutschsprachigen Raum suchen nach Möglichkeiten, wie sie dieses neue Feld in den Griff bekommen. Sie experimentieren mit Organisationsformen und gründen GmbHs, weil sie diese Klientel innerhalb der staatlichen Universität nicht unterkriegen. Es macht keinen Sinn, Akademiker mit Berufserfahrung mit Zwanzigjährigen in einen Raum zu setzen und ihnen abstraktes Lehrbuchwissen vorzubeten.

Die DUW wirbt mit ihrem Leitbild des „reflektierenden Praktikers“. Was heißt das?

Mir ist es wichtig, dass man nicht zwei Jahre studiert, um das Gelernte vielleicht irgendwann im Beruf auszuprobieren. Der praktische Nutzen muss sich vielmehr unmittelbar ergeben. Zum Beispiel fordern wir die Studierenden immer auf, eigene Problemstellungen aus dem Job einzubringen und so die eigene Berufspraxis zu reflektieren.

Wie funktioniert das konkret?

Nehmen Sie das Beispiel der Online-Lerneinheiten. Die kann man nur starten, wenn man ein passendes Projekt aus der Praxis vorbereitet und eingestellt hat. Darauf bekommt man direktes Feedback von Kommilitonen und Dozenten. Deshalb müssen alle Studierenden bei uns Berufspraxis haben, sonst macht es keinen Sinn.

Das klingt zeitaufwendig. Machen die Studenten da freiwillig mit?

Für die Beteiligung gibt es Credits. Man muss sich schon bewusst sein, dass ein Studium auch Prüfungsleistungen beinhaltet und die erbringt man bei uns nicht nur durch Klausuren. Übrigens werden auch in den kürzeren Zertifikatskursen Credits vergeben, so dass man sich die Module auf ein späteres Studium anrechnen lassen kann.

Wie wählen Sie die Dozenten aus?

Zunächst achten wir auf eine gute Mischung. Neben den Wissenschaftlern haben wir Berufspraktiker. Für den Fernstudienanteil brauchen wir zudem Studienheft-Autoren, die ein Seminar auch verständlich verschriftlichen können.

Weiterbildungsforscher nennen gute Beratung und Coaching als Qualitätskriterium. Was bieten Sie den Studierenden?

Beides ist uns sehr wichtig. Wir haben ein geschultes Team für die Studienberatung, die Studiengangsleitung informiert über die fachlichen Inhalte und hat auch eine Coaching-Funktion: Die Mitarbeiter sind Ansprechpartner bei Schwierigkeiten und helfen individualisierte Studienpläne zu erstellen. Wenn also jemand mal aussetzen muss, kann er die Leistung im nächsten Quartal nachholen.

Ein DUW-Studium muss man sich aber auch leisten können. Für den Master zahlt man immerhin 15 000 Euro.

Selbst an staatlichen Unis kosten weiterbildende Master-Programme recht viel, da liegen wir im Mittelfeld. Denn die Preise werden so kalkuliert, dass sich die Angebote selbst tragen. Vielmehr sollten sich die Arbeitgeber stärker an den Kosten beteiligen. Sie profitieren schließlich davon.

Aber warum sollte eine Bachelor-Absolventin nicht einen so genannten konsekutiven Master an der staatlichen Uni machen, der viel günstiger ist?

Das Angebot für Berufstätige ist in diesem Bereich noch sehr beschränkt. Oft wird davon ausgegangen, dass man das in Vollzeit macht und meist vor Ort präsent ist. Das wird sich sicher künftig ändern.

Momentan haben Sie 130 Anmeldungen. Damit sich die DUW trägt, brauchen Sie rund 1500 Studierende. Wie wollen Sie die gewinnen?

Für die Startphase haben wir etwa fünf bis sieben Jahre eingeplant. Nachdem der Studienbetrieb jetzt läuft, bauen wir das Angebot aus. Außerdem gucken wir auch über die Landesgrenzen hinweg. Das Fernstudienmodell bietet ja auch gute Möglichkeiten für Kooperationen mit internationalen Universitäten. Daran arbeiten wir im kommenden Jahr.

Das Interview führte Selina Byfield.

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