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Hoher Einsatz. Das Parlament könnte noch im Sommer ein Gesetz verabschieden.

© AFP

Kasinos in Japan: Tokio wettet auf das Glücksspiel

Singapur und Macau sind Kasino-Paradiese. Nun lässt sich auch Tokio vom großen Geld locken - doch schon jetzt ist Spielsucht ein Problem.

Kasinos sind in Japan verboten. Aber das könnte sich bald ändern. Im Glücksspiel sehen viele Japaner eine Quelle für mehr Wirtschaftswachstum. Tatsächlich könnte das Land in Zukunft ein weltweit führender Standort werden.

Premierminister Shinzo Abe versetzte die globale Glücksspielbranche im Frühjahr in Begeisterung. „Mir ist bewusst, dass Singapur und Macau erfolgreich darin waren“, sagte der mächtige Mann im März und ahnte, dass da auch für ihn etwas zu holen wäre. Schließlich seien seither „viele Menschen aus der ganzen Welt“ in diese Spielparadiese gereist. „Trotz einiger Herausforderungen, über die wir diskutieren müssen, glaube ich, dass Kasinos viele positive Seiten haben.“ Nach Abes Worten brach bei den Glücksspielanbietern Jubel aus.

Nun stehen die größten Kasinobetreiber der Welt bereit, um zu investieren. Denn wie es aussieht, will Japan seinen bisher streng reglementierten Glücksspielsektor lockern und künftig auch Kasinos erlauben, die dem Land hohe Einnahmen bescheren könnten. In Japans Parlament, das sich womöglich noch diesen Sommer an ein neues Gesetz macht, gibt es sogar Unterstützung aus Oppositionskreisen.

Das Glücksspiel in Japan ist ein schlafender Riese, und wenn Tokio im Jahr 2020 die Olympischen Sommerspiele veranstaltet, würden mit bereits laufenden Kasinos noch mehr Besucher ins Land kommen. Japan, so spekulieren auch Politiker, könnte sich als Gamblingdestination weltweit vermarkten.

Japan empfängt relativ wenige Touristen aus den Nachbarländern

Für die lange stagnierende japanische Wirtschaft gelten Kasinos als mögliche Einnahmequelle in der Tourismusbranche, der im Land ohnehin noch großes Wachstumspotenzial attestiert wird. Denn verglichen mit seinen Möglichkeiten empfängt Japan noch vergleichsweise wenige Besucher aus benachbarten, aber stark bevölkerten und teilweise kaufkräftigen Ländern wie China, Südkorea oder Russland. Glücksspieltourismus, so die Hoffnung, könnte über politische und historische Differenzen zwischen diesen Nationen hinwegblicken lassen. Bisher besuchen asiatische Gambler vor allem Macau und Singapur. Japan, als Land mit auch vielfältigem kulturellem Angebot, würde als Glücksspielanbieter eine starke Alternative zu diesen zwei kleineren, vergleichsweise eindimensional vermarkteten Destinationen sein.

Die Investmentgruppe CLSA aus Hongkong schätzt, dass sich in Japan jährlich 40 Milliarden US-Dollar umsetzen ließen. Das würde das Land hinter Macau und vor Las Vegas und Singapur zum zweitgrößten Glücksspiel-Standort der Welt machen.

Der Regierung in Tokio, die samt Premierminister Shinzo Abe hinter dem Plan steht, schweben dafür integrierte Resorts vor, also Hotels, in denen die Glücksspielhallen gleich miteingebaut sind. In solchen Etablissements wird besonders viel Geld ausgegeben, weil Besucher keine langen Wege zwischen Unterkunft und Spieltisch zurücklegen müssen.

In Tokio gibt es mehr als 1000 kleine Spielhöllen

Dass in Japan viel Geld zu holen ist, wird von niemandem bezweifelt. Obwohl das Glücksspiel bisher unter Verbot steht, herrscht hier schon lange eine lebendige Kultur, die eigentlich genau das anbietet. An beinahe jeder Straßenecke größerer Städte rufen leicht bekleidete Damen die neuen Angebote der Pachinkohallen durch Megafone. Pachinko ist die bisher beliebteste Art der Japaner, Geld dem Zufall zu überlassen. Beim Kassierer werden dabei Metallkügelchen gekauft, die in die Maschine geworfen werden. Mit einem Hebel schießt man diese durch den Automaten, wo sie durch ein Labyrinth von Klappen, Stiften und Kanälen nach unten fallen. Die wenigen Kugeln, die durch eines der Glückslöcher fallen, entsprechen einem Gewinn.

Unzählige solcher Etablissements gibt es in Japan, geschätzte 1000 Spielhöllen stehen allein an den Straßen Tokios, mindestens 16 Millionen Menschen spielen regelmäßig Pachinko. Die Branche soll Schätzungen zufolge jährlich hunderte Milliarden US-Dollar umsetzen. Offiziell gibt es zwar nur Sachpreise zu gewinnen, allerdings können die in benachbarten Geschäften auch gegen Bargeld umgetauscht werden.

Die Betreiber von Pachinkohallen stehen der Legalisierung von Kasinos im großen Stil natürlich skeptisch gegenüber. Aber es ist ungewiss, inwieweit die bereits etablierte Branche tatsächlich unter der neuen Konkurrenz leiden würde, falls künftig auch Kasinoentwickler in Japan bauen dürften. Immerhin sind die Japaner die Nation, die nach Angaben des Glücksspielanalyseinstituts H2 Gambling Capital nach den USA und China am drittmeisten Geld im Glücksspiel verwettet. Im Jahr 2013 waren es demnach 31,4 Milliarden US-Dollar – ungefähr so viel, wie die Briten und Deutschen im selben Zeitraum zusammen verspielten. Diese Zahl, die zugleich auf eine grassierende Spielsucht in Japan hindeutet, ist eine der Herausforderungen, auf die Premier Abe nun reagieren will.

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