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Wirtschaft: Keine freie Bahn

Heute legt der Konzern den Lokführern ein neues Angebot vor. Die Details sind noch ein Geheimnis – die Probleme nicht

TARIFVERTRAG

Der Streit dreht sich seit Monaten darum, ob die Lokführer einen eigenen Tarifvertrag erhalten. Die Bahn will ihnen diesen Gefallen bisher nicht tun – und das dürfte auch bei dem Angebot nicht anders sein, das Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am heutigen Montag vorlegen will. Bei der Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums vergangene Woche wurde vereinbart, dass es um eine gesonderte Vereinbarung mit den Lokführern gehen soll. Im Zuge weiterer Verhandlungen könnte daraus ein Vertrag oder gar ein Tarifvertrag werden, mit dem beide Seiten leben können. In trockenen Tüchern ist das aber noch nicht.

GELD

Die Lokführer haben schon erkennen lassen, dass die Forderung nach 31 Prozent mehr Lohn ein Druckmittel, aber kein realer Verhandlungsgegenstand sein soll. Dass sie sich aber vollständig auf die Konditionen einlassen könnten, die im Juli mit den beiden anderen Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA vereinbart wurden, gilt als ausgeschlossen. Das wären 4,5 Prozent plus 600 Euro als Einmalzahlung. Von den 4,5 Prozent kommt die Bahn aber nur schwer runter, weil sie sonst Ärger mit Transnet und GDBA bekommt. Eine Stunde Mehrarbeit pro Woche brächten nach Bahn-Angaben noch mal fünf Lohnprozente.

STREIK

Am Mittwoch wollen die Lokführer wieder streiken, falls ihnen Mehdorns Angebot als nicht verhandelbar erscheint. Am vorigen Freitag haben sie gezeigt, dass sie den Regionalverkehr samt den S-Bahnen weitgehend lahmlegen können. Vor allem aber haben sie gelernt, dass die Bahn auf Arbeitskampf reagiert. Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, sagt, er rechne damit, dass ihm ein eigenständiger Tarifvertrag und „ein ordentliches Gehaltsplus“ angeboten werden. Dann müsse kein einziger Zug mehr ausfallen. So gesehen sind die Fahrgäste wohl gut beraten, sich am Mittwoch vorsorglich auf Streik einzustellen.

VERHANDLUNGEN

Läuft dagegen alles glatt, beginnen förmliche Tarifverhandlungen und sind Streiks bis zum Monatsende ausgeschlossen – das haben die Lokführer zugesichert. Ihr einziges Druckmittel würden sie damit vorerst aus der Hand geben. Weil die Lage so schwierig ist, würde die Bahn in zwei Runden parallel verhandeln: mit den Lokführern und mit den anderen beiden Gewerkschaften. Das wurde jedenfalls im Aufsichtsratspräsidium der Bahn vereinbart. Sollte es dann noch mal zum Krach kommen, sind die Folgen kaum absehbar. Ein Arbeitskampf ab November würde wohl auch die für 2008 geplante Teilprivatisierung der Bahn torpedieren.

ATMOSPHÄRE

Bei diesem Tarifstreit spielen die Persönlichkeiten der Hauptakteure durchaus eine Rolle. Mehdorn und Schell gelten als extrem hartnäckig, und beide kämpfen um ihr Lebenswerk: der Bahn-Chef um den Börsengang und der Gewerkschaftsführer, der im nächsten Jahr in den Ruhestand geht, um die Stellung der Lokführer. Beim Aufsichtsratspräsidium war die Stimmung zwischen den beiden zunächst extrem frostig. Mehdorn hatte Schell zuvor „Krieg durch Streik“ vorgeworfen – eines von vielen Beispielen gegenseitiger Attacken. Dass einer von beiden klein beigibt – das ist nicht zu erwarten. mod

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