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Wirtschaft: Keine Steueramnestie für Rentner

Die Finanzämter sollen jedoch Bußgelder und Steuernachzahlungen möglichst vermeiden

Berlin (ce). Rentner, die in den vergangenen Jahren Steuern hinterzogen haben, werden vom nächsten Jahr an nicht durch eine Amnestie vor dem Zugriff der Finanzämter bewahrt. Auf eine entsprechende Regelung hat die rotgrüne Koalition beim Alterseinkünftegesetz verzichtet, das am Donnerstag im Bundestag verabschiedet wurde. Zahlreiche Senioren werden aber nach Plänen der rot-grünen Koalition voraussichtlich trotzdem keine Bußgelder oder Steuern nachzahlen müssen. „Die Finanzbehörden sollen möglichst pragmatisch prüfen“, sagte der SPD-Finanzexperte Horst Schild dem Tagesspiegel. Als Beispiel nannte er Rentner, die nur in geringem Umfang zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente Einnahmen aus Vermietungen erzielt hätten. „Dem Opa jetzt noch ein Bußgeld abzuverlangen, wäre ärgerlich“, sagte der SPD-Finanzexperte.

Mit der Rentenbesteuerung, die ab 2005 neu geregelt wird, wird es jedoch auch Nachforderungen an Rentner geben – in welcher Höhe, ist jedoch unklar. Rund 300 000 Senioren haben nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft jahrelang keine Steuern gezahlt, obwohl sie neben der gesetzlichen Rente Zusatzeinkünfte aus Betriebsrenten, Kapitaleinkünften oder Vermietungen bezogen haben. Weil gesetzliche und private Rentenversicherer ihre Auszahlungen künftig an eine zentrale Stelle melden müssen, werden damit auch die Rentner erfasst werden, die schon in der Vergangenheit steuerpflichtig gewesen wären. Die Finanzbehörden können Steuern für zehn Jahre nachfordern.

Eine generelle Amnestie solle es ebenso wenig geben wie eine Bagatellgrenze, berichtet der SPD-Politiker Schild. „Wir können keine Extraregelung für bestimmte Personengruppen machen“, begründet er. Das Bundesfinanzministerium (BMF) soll aber nach Ansicht der Koalitionsexperten gemeinsam mit den oberen Finanzbehörden der Länder darauf dringen, dass nicht alle Fälle zehn Jahre zurückverfolgt werden. Dafür soll es ein so genanntes „BMF-Schreiben“ geben. Dem Finanzministerium selbst war dieses Vorgehen am Donnerstag jedoch noch nicht bekannt, wie ein Sprecher sagte.

Mit der Regelung kann der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG) gut leben. „Kleine Summen lohnen den Aufwand für die Steuerverwaltung nicht“, sagte Dieter Ondracek, Vorsitzender der DSTG, dem Tagesspiegel. „Die Summen, die dem Staat verloren gehen, ruinieren Hans Eichel nicht.“ Nach seinen Schätzungen handelt es sich bei vielen der 300 000 Rentner um jährliche Summen von durchschnittlich 300 Euro. Insgesamt gingen dem Fiskus dadurch rund 450 Millionen Euro an Nachforderungen verloren, schätzt Ondracek. Für ihn ist aber auch klar: „Man darf nicht zimperlich sein bei denen, die mit hohen zusätzlichen Einkünften Steuern hinterzogen haben.“

Von den 14,2 Millionen steuerpflichtigen Rentnerhaushalten zahlen derzeit nach Angaben des Bundesfinanzministeriums rund zwei Millionen überhaupt Steuern. Die übrigen liegen durch die Freibeträge unterhalb der Steuerpflicht. Ab 2005 wird zur „nachgelagerten Besteuerung“ übergegangen. Vorsorgeaufwendungen während des Erwerbslebens werden schrittweise bis 2025 von den Steuern freigestellt. Renten werden im Gegenzug immer stärker besteuert, ab 2040 gilt die volle Steuerpflicht. Im Jahr 2005 rutschen damit 1,3 Millionen Haushalte zusätzlich in die Steuerpflicht.

Mit dem Gesetz soll auch das Steuerprivileg für Lebensversicherungen fallen. Für die staatlich geförderte Riester-Rente soll es ab 2006 einheitliche Unisex-Tarife für Frauen und Männer geben. Die Unions-Fraktion hatte angekündigt, das Gesetz im Bundesrat ohne Einwände passieren zu lassen. Möglicherweise werden einzelne Unions-Länder aber auch ein Vermittlungsverfahren fordern, um das Gesetz nachzubessern.

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