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Wirtschaft: Keks-Dynastie Bahlsen steht vor dem Bruch

HANNOVER .Bei den rund 400 Beschäftigten im Bahlsen-Stammhaus in Hannover gab es am Donnerstag nur ein Gesprächsthema: Wird ihr 110 Jahre altes Familienunternehmen vollends unter den Enkeln des Gründers Hermann Bahlsen aufgeteilt?

HANNOVER .Bei den rund 400 Beschäftigten im Bahlsen-Stammhaus in Hannover gab es am Donnerstag nur ein Gesprächsthema: Wird ihr 110 Jahre altes Familienunternehmen vollends unter den Enkeln des Gründers Hermann Bahlsen aufgeteilt? Feststeht: Unabhängig davon, ob der Verwaltungsrat dies bereits am Dienstag beschlossen hat, erwägen die Verantwortlichen eben diesen Schritt als möglicherweise einzigen Ausweg aus einer offenbar festgefahrenen Situation.

Mal wieder sind es Kontroversen in der Bahlsen-Familie, die das inzwischen zum Konzern gewachsene Keks- und Snack-Imperium erschüttern.Doch anders als vor Jahren, gehe es um sachliche Differenzen über den künftigen Kurs, wird allgemein versichert.Dahinter steckten keineswegs persönliche Anfeindungen zwischen den Brüdern und Gründer-Enkeln Werner Michael Bahlsen (50) und Lorenz Bahlsen (51).Ein Kompromiß zum Fortbestand des Konzerns scheint dennoch nicht möglich.Die Keks-Dynastie Bahlsen steht vor dem Bruch.

Die Brüder sollen stattdessen abgefunden werden: Werner Michael bekommt die süßen Sachen mit dem berühmten Leibniz-Keks, mit dem Bahlsen 1891 begann, den "Cake" nach britischem Vorbild in Deutschland einzuführen.Bruder Lorenz kümmert sich um die salzigen Snacks, deren Erfolg die 1935 von Bahlsen erfundenen Salzstangen begründen.Für Schwager Gisbert von Nordeck - dritter Eigner im Bunde und nicht in der Geschäftsführung - blieben Tochterfirmen in Österreich und der Schweiz sowie Immobilien.

Noch Anfang der 90er Jahre hatten sich die beiden Brüder in einer aufsehenerregenden, teilweise öffentlich ausgetragenen Fehde gegen ihren älteren Vetter Hermann Bahlsen verbündet.Dieser wollte damals schon externe Manager ins Haus holen, weil er seinen Vettern die Arbeit nicht zutraute.Auch wurden ihm Verkaufsabsichten nachgesagt.Und der Konzern Philip Morris hatte bereits Appetit auf Bahlsen.

Doch Werner Michael und Lorenz setzten sich durch: Vetter Hermann wurde 1996 mit der US-Tochter Austin Quality Food, einer Immobilie und einer ordentlichen Abfindung vor die Tür gesetzt.Die Brüder strukturierten ordentlich um, durchforsteten das unüberschaubar gewordene Sortiment auf Ladenhüter und führten das Unternehmen nach mehreren Verlust-Jahren wieder in die schwarzen Zahlen zurück.

Die Bahlsen KG schloß das Geschäftsjahr 1998 mit einem Gewinn von 16 Mill.DM ab, bei einem Umsatz von zwei Mrd.DM (umgerechnet rund 1,023 Mrd.Euro).Der Konzern hat 30 Tochtergesellschaften in 16 Ländern Europas, beschäftigt rund 9000 Menschen, davon etwa 5000 in Deutschland.Weltweit werden im Jahr 280 000 Tonnen Süß- und Snackwaren made by Bahlsen verzehrt.Mit großem Aufwand ist der Konzern in den Markt der Schokoriegel eingestiegen.

Eigentlich schien der dritten Generation der Rückzug der Familie aus dem Alltagsgeschäft schon beschlossene Sache.Jedenfalls hatten Werner Michael und Lorenz eingewilligt, künftig als Eigentümer nur noch Kontrollaufgaben wahrzunehmen.Doch bislang konnten sie sich mit dem Verwaltungsrat nicht auf einen neuen Vorstandschef einigen.Auf eine offizielle Erklärung ihrer Chefs müssen die Bahlsen-Mitarbeiter möglicherweise noch einige Zeit warten.Spätestens bis zur Bilanz-Pressekonferenz am 16.Juni dürfte aber eine Vorentscheidung fallen.

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