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Wirtschaft: Kirch erreicht Sonderprüfung bei Springer

Turbulente Hauptversammlung in Berlin - der Verlag wehrt sich gegen die Vorwürfe

Berlin (usi/dpa). Vor dem Hintergrund der Verkaufsverhandlungen um sein 40-Prozent-Aktienpaket am Axel Springer Verlag setzt versucht der Medienunternehmer Leo Kirch Springer weiter unter Druck zu setzen Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Berlin erzwang Kirch am Dienstag nach mehr als achtstündigen, teils heftigen Debatten eine Sonderprüfung der Aktivitäten der Geschäftsführung rund um Vorstandschef Mathias Döpfner. Damit will Kirch auch die Rolle von Europas größtem Zeitungshaus beim Zusammenbruch seines Medienimperiums klären.

Neben dem Antrag auf Sonderprüfung setzte Kirch sich mit seinem Antrag auf Schadenersatzforderungen gegen Springer durch. Diese hätten jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen und könnten erst vor Gericht geregelt werden, verlautete aus Unternehmenskreisen. An der Abstimmung durfte Mehrheitsaktionärin Friede Springer (sie hält gut 50 Prozent der Aktien) als Betroffene nicht teilnehmen. Damit setzte sich die PrintBeteiligungs (PB) GmbH, die Kirchs Springer-Aktien hält, durch. Die Sonderprüfung soll sich auch auf den Aufsichtsrat und damit auf Friede Springer wie Leo Kirch erstrecken.

Kirch wirft den Springerleuten vor, das Ende seines Unternehmens mutwillig herbei geführt zu haben. Springer hatte im Januar von einer Option Gebrauch gemacht, die Springer-Anteile an der Senderfamilie ProSieben Sat 1 zurückzukaufen. Kirch konnte die 767 Millionen Euro nicht zahlen und schlug ein anderes Modell vor. Demnach sollte Springer für 210 Millionen Euro weitere 16,5 Prozent an der Senderfamilie hinzukaufen, die Beteiligung also auf 28 Prozent aufstocken. Springer hätte sich jedoch verpflichten müssen, diese Beteiligung in Anteile an der Kirch- Media umzuwandeln. Die Geschäftsbücher wollte Kirch aber nicht öffnen. Der Vorstand brach die Verhandlungen ab und glaubt auch heute, richtig gehandelt zu haben. Denn inzwischen ist Kirch Media pleite. „Andere Aktionäre haben sich auf solche Umwandlungs- Modelle eingelassen, sie haben heute, nach der Insolvenz der Kirch Media, alles verloren“, sagte Springer-Chef Döpfner mit Blick auf Rewe. Springer besitzt hingegen noch immer 11,5 Prozent an der Senderfamilie.

„Sie wollten Kirch loswerden“

Nun wirft Kirch dem Vorstand des Verlages und Großaktionärin Friede Springer vor, ihr Handeln habe dem Verlag finanziell geschadet. „Sie wollten Leo Kirch durch die Erhöhung des finanziellen Drucks loswerden“, sagte der Anwalt des Medienunternehmers, Roland Frohne.Die Verkaufsoption, auf die Springer sich im Januar bezog, hat Kirch zwar selbst ausgehandelt. Heute sagt er jedoch, sie sei rechtlich nicht haltbar. Springer wäre also besser gefahren, auf sein Alternativangebot einzugehen

. Kirch wirft dem Vorstand vor, im persönlichen Interesse der Aktionärin Friede Springer gehandelt zu haben. Er geht soweit zu behaupten, Friede Springer habe bewusst den Springer-Verlag finanziell geschädigt, um zu einem günstigeren Preis weitere Aktien zu kaufen und so ihre Mehrheit zu sichern. Sie habe unrechtmäßig Einfluss auf den Vorstand ausgeübt: Ständig hätten die Vorstände die Verhandlungen im Januar unterbrochen, um mit Friede Springer zu telefonieren, schilderte Frohne die Gespräche. Ihr einziges Ziel sei gewesen, durch die Put-Forderung Druck auf den finanziell angeschlagenen Kirch auszuüben, um ihn als Großaktionär loszuwerden. Dass Kirch sich zu dieser Zeit wegen des Formel-1-Kaufs gerade völlig übernommen hatte, erwähnte Frohne nicht.

Mehrere Kleinaktionäre meldeten nach der Abstimmung Einspruch gegen die Beschlüsse an. Schon zuvor war die Hauptversammlung außerodentlich turbulent verlaufen. Es bestätigte sich die Einschätzung von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner der vor wenigen Wochen erklärt hatte , so eine Hauptversammlung habe durchaus folkloristischen Charakter. Das war untertrieben. Tatsächlich geriet die außerordentliche Hauptversammlung, teilweise zu einer Farce. Es gab Zwischenrufe und Zwischenapplaus, oft ging es unsachlich, sogar beleidigend zu. Eines stand schnell fest: Unter den Springer-Kleinaktionären hat Leo Kirch nicht viele Freunde.

„Geben sie sich die Hand“

Einer tat sich ganz besonders hervor. Ein Kleinaktionär aus Saarbrücken. Er sprach Leo Kirch und Friede Springer in einer schwulstigen Rede direkt an und bat sie unter lautem Lachen der Zuhörer: „Geben Sie sich einen Ruck, reichen Sie sich die Hände“. In Kreisen des Verlags wurde der Antrag Kirchs als wohl letztes Störmanöver bezeichnet, das sich allerdings noch lange hinziehen könnte. Denn der Unternehmer verfügt zwar noch formal über das 40-prozentige Paket an Springer. In der vergangenen Woche hatte das Münchener Landgericht aber entschieden, dass die Deutsche Bank, der das Aktienpaket als Sicherheit für einen Kredit an Kirch dient, dieses ab sofort selbst verwerten darf.

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