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Wirtschaft: Kirch und die Telekom nehmen dritten Anlauf

Öffentlich-rechtliche Sender warnen vor Gefahren der Allianz / Wettbewerbsvorteile befürchtet / Neue Generation der d-box soll Internetzugang ermöglichenMünchen. Leo Kirch ist hartnäckig.

Öffentlich-rechtliche Sender warnen vor Gefahren der Allianz / Wettbewerbsvorteile befürchtet / Neue Generation der d-box soll Internetzugang ermöglichen

München. Leo Kirch ist hartnäckig. Zusammen mit der Deutschen Telekom AG unternimmt der Münchner Medienkaufmann gerade einen dritten Anlauf zu einer Allianz mit den Bonnern im Digital-TV. Geplant ist ein Gemeinschaftsunternehmen unter Führung der Telekom zur Entwicklung und Vermarktung einer zweiten Generation digitaler TV-Empfänger. Während die beiden Partner bemüht sind, dies lediglich als technische Kooperation darzustellen, laufen die öffentlich-rechtlichen Sender gegen das Bündnis Sturm.

"Es tun sich riesige Gefahren auf", warnt ein ARD-Sprecher. Zum einen werde das Quasi-Monopol des von Kirch entwickelten TV-Digitalempfängers d-box mit einer "Allianz beider Platzhirsche zementiert". Zum anderen bringe das im Bereich Internet "enorme Wettbewerbsvorteile" gegenüber allen anderen Konkurrenten. Denn die neue Generation der d-box, die Kirch und Telekom gemeinsam bauen wollen, soll nicht mehr nur ein reiner TV-Empfänger sein, sondern auch einen Internetzugang per Kabel ermöglichen und den Dekoder zum Multimedia-Terminal aufrüsten.

Nicht alle öffentlich-rechtlichen Anstalten sprechen allerdings mit einer Zunge. "Für uns ist kein Bedrohungspotenzial erkennbar," meint ein ZDF-Sprecher. Die ARD sieht das anders. "Die Telekom verliert ihre Unabhängigkeit", urteilt ein Sprecher der öffentlich-rechtlichen Sender über das geplante Bündnis. Sie lasse sich zugunsten von Kirchs d-box instrumentalisieren, über die trotz jüngster technischer Verbesserungen ARD-Programme "nur mit Macken" empfangbar seien.

Das bestreitet allerdings nicht nur Kirch sondern ebenso das ZDF. Auch das Argument, bei einem Bündnis von Kirch und Telekom komme Digital-TV von den Programmen (Kirch) über Kabelnetze (Telekom) bis zum Abrechnungssystem per d-box (Telekom/Kirch) komplett unter die Kontrolle eines verbündeten Duos, wollen die künftigen Partner nicht akzeptieren.

Immerhin plane die Telekom einen Verkauf ihrer Kabelnetze, macht ein Telekom-Sprecher geltend. Bis das so weit ist, sei die d-box endgültig unangreifbarer Monopolist und ein gemeinsames Internet-Portal von Kirch und Telekom etabliert, befürchtet dagegen die ARD. Letztlich wird wohl das Bundeskartellamt in Bonn das letzte Wort haben. Offiziell will die Behörde, die zwar vom Vorhaben informiert ist, der aber noch kein offizieller Antrag vorliegt, keine Auskunft geben.

Bereits 1995 und 1998 haben beide damals noch unter Einschluss des Bertelsmann-Konzerns eine solche Allianz für Digital-TV geplant. Das Trio war damit zuletzt vor zwei Jahren bei den damals zuständigen Brüsseler Kartellhütern gescheitert.

Wenn der hier zu Lande marktbeherrschende TV-Konzern Kirch mit dem führenden Netzbetreiber Telekom kooperiert, um auch noch das Zugangssystem gemeinsam zu kontrollieren, bedürfe das der Prüfung. Immerhin würde Kirch gegenüber der Telekom erstmals in seiner Karriere in eine Minderheitsposition zurücktreten. Das Gemeinschaftsunternehmen, in das beide Partner eigene Gesellschaften einbringen wollen, sehe eine Ausgleichszahlung an den Münchner Medienkaufmann vor. Spekuliert wird über eine Summe von gut einer halben Milliarde Mark. Weitere Einnahmen erhofft sich Kirch über die nationale und internationale Vermarktung der neuen d-box, die zurzeit rund 1,3 Millionen Kunden von Premiere World benutzen.

Der Reiz einer Allianz mit der Telekom liegt für Kirch aber nicht nur im Geld. Der Münchner wäre mit einem neuen, multimediafähigen Dekoder, der über die Kabelnetze der Telekom einen eigenen Internetzugang bietet, schlagartig auch bei diesem Vertriebsweg ein bedeutender Anbieter. Über die TV-Kabel der Telekom sind in Deutschland bislang knapp 18 Millionen Haushalte angeschlossen. Dagegen ist das Internet fast nur über die Telefonleitung erreichbar.

Thomas Magenheim-Hörmann

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