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Mit großer Strenge will Papst Benedikt „Transparenz, Ehrlichkeit und Verantwortung“ in Finanzgeschäften durchsetzen.

© dpa

Kirchenbank: Der Vatikan will sauber werden

Papst Benedikt XVI. verordnet dem Finanzgebaren des Vatikans moralische Sauberkeit und hebt eine neue Behörde aus der Taufe. Nach Finanzskandalen übernimmt der Heilige Stuhl nun internationale Regeln gegen Geldwäsche.

Seit mehr als drei Monaten muss der Vatikan auf 23 Millionen Euro verzichten: Das Geld gehört der Kirchenbank IOR, aber die italienische Staatsanwaltschaft hat es beschlagnahmt, weil der Vatikan den internationalen Meldepflichten über Herkunft und Zweck des Geldes nicht nachgekommen ist. Die persönliche Vorsprache von IOR-Chef Ettore Gotti Tedeschi bei der Staatsanwaltschaft und zwei richterliche Überprüfungen – es hat alles nichts geholfen. Die Justiz rückt die Millionen nicht heraus. Es könnte sich ja um Geldwäsche handeln.

Die Sache ist für die katholische Kirche dermaßen peinlich geworden, dass Papst Benedikt XVI. nun gehandelt hat. Er verordnet dem Finanzgebaren des Vatikans moralische Sauberkeit. In einer historischen Gesetzesreform verzichtet er auf eine Sonderrolle der Kirche und übernimmt für den Vatikanstaat und für den Heiligen Stuhl, das Völkerrechtssubjekt, die internationalen Regeln „zur Bekämpfung der Geldwäsche und des Terrorismus“.

IOR-Chef Gotti Tedeschi hatte in traditioneller kirchlicher Abwehrhaltung gegenüber der weltlichen Justiz immer wieder betont, sein „Institut für Religiöse Werke“ sei keine Bank im profanen Sinne, sondern nur „ein Dienstleister für die römische Kurie, für Diözesen und Ordensgemeinschaften“. Künftig wird sie – genau wie alle anderen Geldinstitute – einer staatlichen Kontrolle unterworfen.

Eigens dafür hat der Papst nun eine vatikanische Finanzaufsichtsbehörde (AIF) aus der Taufe gehoben. Er ernennt zwar ihre Mitglieder, die Behörde soll aber unabhängig arbeiten. Struktur, Kompetenzen und Aufgaben der AIF sind zusammen mit der EU und der Europäischen Zentralbank ausgehandelt worden. Denn der Vatikan will sich nun selbst an Benedikts Wirtschaftsenzyklika halten: „Wir müssen in unserem Denken und Handeln zeigen, dass sozialethische Prinzipien wie Transparenz, Ehrlichkeit und Verantwortung nicht vernachlässigt oder geschwächt werden dürfen.“

Das von Benedikt am Donnerstag erlassene Gesetz gilt von 1. April 2011 an nicht nur für die „Ministerien“ der römischen Kurie, sondern auch für alle anderen religiösen Einrichtungen, die vom Heiligen Stuhl abhängig sind. Wer seine Prüf- und Meldepflichten bei Bargeldgeschäften oder Finanztransaktionen von mehr als 15 000 Euro vernachlässigt, wer Erträge aus illegalen oder gar verbrecherischen Aktivitäten über die Vatikanbank weißwaschen will, wer gar den „gesellschaftszerstörerischen internationalen Terrorismus“ unterstützen will, muss künftig auch im Vatikan mit Geldstrafen und mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen. Intern verfügt der Papst sogar weit größere Strenge, als es die IOR-Chefs gegenüber den Behörden akzeptieren wollten: Die kirchlichen Einrichtungen sollen für die notwendigen Meldungen nicht monatelang Zeit bekommen, sondern „innerhalb von 30 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes alle Vorkehrungen treffen, um die Verpflichtungen genau und unverzüglich einhalten zu können“.

In das Strafgesetzbuch des Kirchenstaats fügt der Papst in diesem Zusammenhang auch Delikte ein, die der Vatikan bisher nur vom Hörensagen kannte: Insidergeschäfte, Schmuggel, Menschen- und Drogenhandel. Vor allem aber verpflichtet der Papst seine Leute erstmals ausdrücklich zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch mit ausländischen, internationalen Kontrollbehörden. Damit wird der traditionell reklamierte Sonderstatus des IOR hinfällig.

Das hat erhebliche Bedeutung, sowohl lokal als auch weltweit. Zum einen laufen in Rom Ermittlungen gegen kirchennahe Bauunternehmer und Koordinatoren staatlicher Bauaufträge, die im Vatikan womöglich etliche Millionen Euro an Schwarz- oder Bestechungsgeld haben verschwinden lassen. Zum anderen werden über die Vatikanbank auch die Spendenflüsse, die Kontobewegungen und die Fördergelder für kirchliche Einrichtungen in aller Welt abgewickelt. Die Undurchsichtigkeit des IOR war bisher auch ein verlässlicher Schutzschirm für fromme und karitative Tätigkeiten in allen möglichen zweifelhaften Staaten. Das aber steht nun auf dem Spiel.

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