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Wirtschaft: Klassenprimus Berlin

Die Hauptstadt ist der attraktivste deutsche Standort, zeigt eine Befragung von 16 000 Unternehmen

Berlin – In einer Befragung von bundesweit rund 16 000 Unternehmen hat der Standort Berlin die beste Bewertung erzielt. Ein Dutzend Faktoren wurden abgefragt, die Antworten hochgerechnet und am Ende in einer Schulnote ausgedrückt. In den Daten, die dem Tagesspiegel vorliegen, kommt Berlin auf eine Bewertung von 2,4 und überholt auch regelmäßige Ranking-Sieger wie Bayern und Baden-Württemberg. Brandenburg folgt im Mittelfeld mit 2,7 und liegt damit schlechter als der Bundesdurchschnitt.

Auffällig ist, dass neue und alte Bundesländer im Schnitt nahezu gleich punkten: Die Attraktivität des Standorts definiert sich also nicht mehr nach Osten und Westen. Allerdings konstatieren die Forscher „ein leichtes Süd-Nord-Gefälle“: Denn wenn man von Klassenprimus Berlin absieht, kommen die Länder im Süden auf bessere Noten, während der Norden mit Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig- Holstein und Hamburg hinten liegt. Allerdings sieht die Studie nur „moderate Unterschiede zwischen den Ländern“.

Die mündliche Befragung der Unternehmen wurde vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit sowie den Bundesländern finanziert. Für Berlin, die neuen Länder und Nordrhein-Westfalen hat das Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen (Söstra) in Berlin die Daten ausgewertet. „Das ist das Schöne: Es ist eine repräsentative Stichprobe in Bezug auf Branchen und Betriebsgrößen, was fast alle anderen Befragungen nicht leisten“, sagte Institutsleiter Jürgen Wahse. Nur für Hamburg gilt das nicht: Die Hansestadt beteiligt sich nicht, daher liegen für sie auch weniger Daten vor. Die Platzierung in dem Ranking mit der Note 2,83 ist daher angreifbar, und offiziell taucht Hamburg auch gar nicht auf. Sachsen-Anhalt hat Teilergebnisse schon veröffentlicht, während Berlin die Studie noch unter Verschluss hält. In den nächsten Tagen werde Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) sie vorstellen, sagte eine Sprecherin. Das IAB plant ebenfalls eine Veröffentlichung.

Als wichtigsten Standortfaktor bewerten die befragten Unternehmen die Nähe zum Kunden: Drei Viertel der Firmen nannten dieses Kriterium „äußerst wichtig“ oder „sehr wichtig“. Dahinter rangieren Qualität des Fachkräfteangebots, Preisniveau für Energie und Wasser, kommunale Steuern, Lohnniveau und Zusammenarbeit mit den Behörden. Auch die überregionale Verkehrsanbindung, die Attraktivität für Arbeitskräfte, die Immobilienpreise und die Nähe zu Lieferanten wurden häufig genannt. Auf den letzten Platz kam die Nähe zu Forschungs- und Technologiezentren, die nur 14 Prozent der Firmen als zentralen Standortfaktor sehen. Just hier sieht sich Berlin als besonders wettbewerbsfähig an, und das finden auch die Unternehmen. Die Hauptstadt setzte sich in der Bewertung durch, weil sie bei drei Kriterien auf Platz eins kommt: Neben der Forschung sind dies die Attraktivität für Arbeitskräfte und die Verkehrsanbindung.

Bei sechs weiteren Kriterien rangiert Berlin im oberen Drittel. Ziemlich schlecht werden die Energie- und Wasserpreise bewertet, regelrecht katastrophale Werte erreicht Berlin lediglich bei der Zusammenarbeit mit den Behörden und den kommunalen Steuern – beides Punkte, bei denen die Politik gefragt ist. Die Studie zeigt auch, wo Berlin durchaus noch aufholen muss. So erreichen die jährlichen Investitionen pro Beschäftigtem in Hamburg den Spitzenwert von 10 500 Euro, während Berlin mit 4910 Euro nur noch von Bremen unterboten wird – der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei rund 6000 Euro.

Eine Ost-West-Schere gibt es beim Einkommen der Beschäftigten: In Hamburg werden im Schnitt 113 Prozent des bundesdeutschen Mittels gezahlt, dann folgen sämtliche alten Bundesländer, dann Berlin mit 94 Prozent und schließlich abgeschlagen die neuen Länder mit 72 bis 77 Prozent. Ein sehr ähnliches Bild ergibt sich auch beim Umsatz pro Beschäftigtem, wo Hamburg auf 120 Prozent des Mittelwerts kommt, während es bei Berlin 90 Prozent und bei Schlusslicht Brandenburg sogar nur 71 Prozent sind.

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