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Klimaschutz: Starthilfe für das Elektroauto

Die Politik setzt sich große Ziele für die Verbreitung sauberer Autos - doch die Förderung ist noch offen.

Berlin - Das Ziel ist ambitioniert: Bis 2020 sollen mehr als eine Million Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb auf Deutschlands Straßen unterwegs sein. Allerdings, so der Wille der Bundesrepublik, soll die Markteinführung vorerst nicht nach dem Vorbild der Abwrackprämie gefördert werden. Im sogenannten „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“, den vier Bundesministerien (Umwelt, Verkehr, Forschung, Finanzen) erarbeitet haben und den das Bundeskabinett an diesem Mittwoch verabschieden will, sind konkrete Kaufanreize für batteriebetriebene Autos nicht vorgesehen.

Dabei gibt es in der Regierung durchaus Sympathien für Anreize nach dem Muster der Abwrackprämie. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zum Beispiel hatte dem Vernehmen nach vorgeschlagen, den ersten 100 000 Käufern eines Elektroautos je 5000 Euro Starthilfe zu geben. Damit sollten die Mehrkosten gegenüber herkömmlichen Pkw ausgeglichen werden.

Auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hält entsprechende Prämien prinzipiell für erforderlich, um die Markteinführung elektrischer Antriebe zu erleichtern. „Elektromobilität muss raus aus der Nische und rein in den Massenmarkt“, sagte Tiefensee vergangene Woche. Konkrete Summen nannte er allerdings nicht. Ein Grund: Parteifreund und Finanzminister Peer Steinbrück will sich nach der fünf Milliarden Euro teuren Abwrackprämie keine neuen Verkaufshilfen für die Autoindustrie zumuten. Zumal der Bund bereits 500 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II für die Förderung der Elektromobilität zur Verfügung stellt. „Es gibt die politische Absicht, Elektrofahrzeuge zu fördern und ihre Marktreife zu beschleunigen“, sagte ein Sprecher Tiefensees dem Tagesspiegel. „Über die Formen der Förderung – seien es Steuererleichterungen oder Zuschüsse – muss man sich noch verständigen.“ In der Kabinettsvorlage findet sich deshalb die Kompromissformel, dass für die Zukunft Markteinführungshilfen für 100 000 neue E-Autos empfohlen werden – aber ohne Nennung von Beträgen.

Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), hält eine Förderzusage ohnehin für verfrüht. „Es gibt ja noch gar keine Elektroautos zu kaufen.“ Modellversuche seien weit von der Marktreife entfernt. Mit einem allgemeinen Run auf das E-Auto rechnen Experten erst nach 2020. Für die spätere Förderung von E-Autos müssten zudem differenzierte Grenzwerte gelten. „Den Kauf eines Autos zu fördern, nur weil es ein Elektroauto ist, ist umweltpolitisch so sinnlos wie die Abwrackprämie“, sagte Lottsiepen dieser Zeitung. Das „Gießkannenprinzip“ schaffe die „vollkommen falschen Anreize“. Vielmehr müsse für alle Fahrzeuge mit alternativen Antrieben eine CO2-Gesamtbilanz erstellt werden, die auch den Energiemix in der deutschen Stromwirtschaft – und seine möglicherweise klimaschädlichen Wirkungen – berücksichtige.

In der deutschen Autoindustrie hält man sich beim Thema Kaufanreize derzeit zurück. Nach dem überraschenden Erfolg der Abwrackprämie will man sich nicht dem Vorwurf aussetzen, noch einmal Subventionsempfänger zu sein. Dass E-Autos die Zukunft der Industrie sein könnten, ist den Herstellern bewusst. So befürwortet Matthias Wissmann, Präsident des Autoverbands VDA ein Anschieben der Technologie durch die Regierung. Dabei komme es auf eine langfristige Planung an. „Um diese Technik für den Massenmarkt fit zu machen, müssen alle Beteiligten, die Industrie, die Politik und die Energiewirtschaft, an einem Strang ziehen“, sagte Wissmann. Ob daraus nach der Bundestagswahl etwas wird, ist ungewiss. Die Hersteller sind auf die Elektromobilität nicht angewiesen. „Vorerst hat der Verbrennungsmotor noch nicht ausgedient“, sagt Wissmann. „Im Gegenteil: er wird laufend optimiert.“

Gregor Kusche/Henrik Mortsiefer

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