zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Klimaschutz über den Wolken

Die Bundesregierung will den Handel mit CO2-Zertifikaten auf den Flugverkehr in der EU ausdehnen

Brüssel - Die Bundesregierung will sich während ihres EU-Vorsitzes im ersten Halbjahr 2007 für bindende Klimaschutzziele im Flugverkehr einsetzen. „Wir wollen die Pläne der EU-Kommission voranbringen, den Emissionshandel auf den Luftverkehr auszuweiten“, sagte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) dem „Handelsblatt“. Ziel der Regierung sei es, dass sich die EU-Staaten während der Ratspräsidentschaft grundsätzlich auf das Vorhaben einigten.

Deutschland wagt sich damit auf konfliktreiches Gelände. Die US-Regierung drohte vor wenigen Tagen mit rechtlichen Schritten, sollte die EU den Handel mit Kohlendioxid-Zertifikaten auf den Luftverkehr ausweiten. Auch einige EU-Staaten sind skeptisch, denn viele europäische Fluggesellschaften lehnen die Pläne ab.

Dennoch will Umweltkommissar Stavros Dimas voraussichtlich am 20. Dezember einen Richtlinienentwurf zur Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel vorlegen. Eine Sprecherin Dimas’ äußerte sich erfreut über die Unterstützung der Bundesregierung. „Das sind gute Nachrichten.“ Dimas Pläne sehen vor, dass die Airlines ab 2011 für alle Flüge innerhalb Europas CO2-Zertifikate vorlegen müssen sowie für Interkontinentalflüge, die in der EU starten oder landen. Dies bedeutet, dass auch Fluggesellschaften aus Drittstaaten gezwungen werden, am Emissionshandel teilzunehmen, wenn sie Ziele in der EU anfliegen. Bisher gilt der Emissionshandel nur für Kraftwerke und energieintensive Industrieanlagen.

Mit der Ausweitung auf den Luftverkehr will die EU-Kommission dem drohenden Klimawandel entgegensteuern. Zwar verantwortet der Flugverkehr nur drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Doch Prognosen zufolge wird er sich bis 2020 verdoppeln. Und der Ausstoß von Kohlendioxid in der Stratosphäre ist besonders klimaschädlich. Vor wenigen Wochen hatte die britische Regierung eine alarmierende Studie veröffentlicht, wonach die Temperaturen wegen der Zunahme von Treibhausgasen in den nächsten Jahrzehnten dramatisch steigen. Die Schäden könnten bis zu 20 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung betragen, heißt es darin.

Die Bundesregierung hat wegen dieser Gefahren den Klimaschutz zu einem zentralen Thema ihres EU-Vorsitzes erklärt. „Im Grundsatz ist in Europa unumstritten, dass der Flugverkehr in den Emissionshandel einbezogen werden muss“, sagte Tiefensee. Entscheidend sei, dass alle EU-Staaten gleichermaßen den Airlines verbindliche Obergrenzen beim Kohlendioxidausstoß vorschrieben. „Es darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Fluggesellschaften kommen, weil manche Länder beim Emissionshandel nicht mitmachen“, betonte er.

Umstritten ist vor allem die geplante Einbeziehung von Flügen aus und nach Drittstaaten in die EU. Denn die Richtlinie soll auch für Airlines etwa aus den USA, Japan oder den arabischen Ländern gelten. „Die konkreten Regeln des Emissionshandels festzulegen, wird kein leichtes Unterfangen“, räumte Tiefensee ein. Nach Angaben der EU-Kommission hat eine rechtliche Prüfung ergeben, dass Airlines aus Drittstaaten in den Klimaschutz einbezogen werden können. Da die USA dies ablehnen, scheint ein transatlantischer Streit programmiert.

Ausgenommen vom Emissionshandel sind nach den Plänen von Umweltkommissar Dimas Maschinen mit weniger als 20 Sitzen oder weniger als 20 Tonnen Startgewicht. Bei der Erstzuteilung von Emissionsrechten will sich die EU-Behörde am Kohlendioxid-Ausstoß der Jahre 2004 bis 2006 orientieren. Dies dürfte angesichts der starken Zunahme des Luftverkehrs bedeuten, dass viele Airlines CO2-Rechte zukaufen müssen. Damit dürfte der Emissionshandel für sie deutliche Zusatzkosten bringen.

Die Folgen strengerer Vorschriften auf den Ticketpreis werden nach Einschätzung Tiefensees dennoch gering sein. „Der Emissionshandel sollte keine höheren Preise für die Passagiere bringen“, sagte er. Airlines mit modernen Flugzeugen könnten überschüssige CO2-Zertifikate verkaufen und damit Kosten sparen. Die EU-Kommission dagegen rechnet mit steigenden Preisen. „Unseren Analysen zufolge wird ein Langstreckenflug für den Passagier um bis zu neun Euro teurer werden“, sagte Dimas’ Sprecherin. HB

Helmut Hauschild

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false