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Klimaserie (7): Landwirtschaft und Ernährung: Magenprobleme

Rinder, Schafe und Kunstdünger tragen erheblich zum Treibhauseffekt bei. Der größte Klimakiller ist aber die Umwandlung von Wald in Ackerland.

Rund ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen stammen aus der Landwirtschaft, oder werden durch sie ausgelöst. Denn der größte Posten ist die Umwandlung von Naturflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen. Dabei gibt es aber auch die größten Unsicherheiten. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil die Berichtspflichten der Länder an das Klimasekretariat der Vereinten Nationen ungenau sind. Schätzungen zufolge gehen sechs bis 17 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes auf Landnutzungsänderungen zurück. Die landwirtschaftliche Produktion selbst ist für weitere 15 bis 16 Prozent der Emissionen verantwortlich.

Zwei große Klimaprobleme gibt es in der Landwirtschaft: Lachgas (N2O) und Methan (CH4). Lachgas hat ein Treibhauspotenzial, das um 296 Mal größer ist als Kohlendioxid (CO2), Methan hat eine 23 Mal stärkere Erwärmungswirkung als CO2. Lachgas entsteht vor allem auf intensiv genutzten Ackerflächen, auf die viel Kunstdünger ausgebracht wird. Der Stickstoff, der von Pflanzen während ihres Wachstums nicht aufgenommen werden kann, verbindet sich mit Sauerstoff zu Lachgas. Dieser Effekt tritt auch dann ein, wenn zu viel Mist oder Gülle auf die Felder ausgebracht werden.

Methan ist das Hauptproblem der Rinder- und Schafzucht. Beide Tiere produzieren das Klimagas bei der Verdauung. Und angesichts der sich ändernden Ernährungsgewohnheiten weltweit – es wird immer mehr Fleisch konsumiert – ist mit weiter steigenden Zahlen von Rindern und Schafen zu rechnen. Das selbe gilt für Schweine und Hühner, allerdings entsteht bei ihrer Produktion deutlich weniger Methan, weil es nur über den Mist, nicht aber auch noch über die Verdauung der Tiere entsteht. Weitere relevante Methan-Quellen sind zudem die Reisproduktion auf dauerhaft vernässten Böden, die Verbrennung von Biomasse auf Feldern, und eben Mist und Gülle aus jeder Form der Tierproduktion.

Doch auch Kohlendioxid selbst spielt eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft. Zum einen entsteht es bei der energieintensiven Produktion von Kunstdüngern und Pestiziden, sowie beim Einsatz von Agrarmaschinen auf den Feldern und Höfen. Außerdem entweicht CO2 aus den Böden, wenn sie gepflügt werden, wenn sie nach der Ernte unbedeckt bleiben oder wenn Felder bewässert werden.

Landwirtschaftlich genutzte Flächen haben die geringste Speicherwirkung für CO2, Wälder dagegen haben sowohl in der Vegetation als auch im Boden die höchste Speicherwirkung. Sie wirken wie ein natürliches Carbon Capture and Storage (Kohlenstoffabscheidung und unterirdische Speicherung, CCS). Die Bäume nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf, nutzen sie zum Wachstum und können zudem hohe CO2-Anteile im Boden halten. Das UN-Umweltprogramm (Unep) wirbt deshalb intensiv dafür, diese natürliche Möglichkeit, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen, intensiver zu nutzen. Zumal diese Möglichkeiten des Klimaschutzes für wenig Geld zu haben sind. Die Aufforstung von Wäldern kostet weitaus weniger als CCS im Zusammenhang mit Kohlekraftwerken, argumentiert Unep. Die größten CO2-Speicher sind tropische Regenwälder im Sumpfland, wie sie vor allem in Indonesien vorkommen. Deshalb entweichen dort besonders große Mengen CO2, wenn diese Wälder abgeholt, die Flächen entwässert und mit Palmölplantagen bepflanzt werden. Diese Plantagen können in ihrer Lebenszeit den Klimaschaden, den ihre Anlage ausgelöst hat, durch die Aufnahme von CO2 beim Wachstum nicht wieder hereinholen.

Die Landwirtschaft hat durchaus preiswerte und relevante Potenziale, zum Klimaschutz beizutragen. Die Europäische Kommission schreibt in ihrem Weißbuch zur Landwirtschaft im Klimawandel, dass allein in der EU zwischen 60 und 70 Millionen Tonnen CO2 reduziert werden könnten, wenn die Böden weniger oder gar nicht mehr gepflügt würden und Mist und Gülle über Biogasanlagen in erneuerbare Energien umgewandelt würden. Zudem regt die EU-Kommission an, ehemalige Sümpfe wieder zu bewässern, um die Speicherwirkung der Böden zu erhöhen. Die EU-Kommission schätzt die Öko-Landwirtschaft, die sich besonders um eine Erhaltung der CO2-Speicher bemüht, als wichtiges Instrument für den Klimaschutz ein, obwohl sich der Nutzen des Ökolandbaus durch die dort erzielten geringeren Ernten wieder etwas relativiert.

Bisher spielt die Landwirtschaft aber bei den Klimaverhandlungen als mögliche Lösung für die Probleme fast keine Rolle. Kaum ein Land bemüht sich systematisch darum, die Treibhausgasreduktionspotenziale ihrer Landwirtschaft zu nutzen. Angesichts steigender Weltbevölkerung und sich ändernder Ernährungsgewohnheiten dürfte die Landwirtschaft jedoch ein Teil des Problems bleiben.

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