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Kohle-Ausstieg: Koalition streitet sich um Müller

Der Chef-Sessel der künftigen Kohle-Stiftung wird immer mehr zum Zankapfel in der großen Koalition. Die Union will den Vorsitzenden Müller verhindern, während die SPD dem ehemaligen Wirtschaftsminister den Rücken stärkt.

Berlin - Der Machtpoker um RAG-Chef Werner Müller trägt bizarre Züge: Das CSU-geführte Wirtschaftsministerium verkündet zu vorgerückter Stunde offiziell den Verzicht des Topmanagers auf den Vorsitz der Kohle-Stiftung. Zwar müssten noch mehrere Bedingungen erfüllt sein, aber die gewünschte Botschaft war eindeutig: Der SPD-nahe Müller werfe das Handtuch und seine Gegner in der Union, allen voran Nordrhein-Westfalens Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU), hätten sich durchgesetzt. Die harschen Dementis von der RAG und vom Koalitionspartner kamen postwendend.

SPD-Chef Kurt Beck griff noch am Donnerstagabend zum Telefon und beschwerte sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den Versuch, vollendete Tatsachen zu schaffen. Beck habe Merkel erläutert, dass die Angriffe auf Müller zu einer ernsthaften Belastung der Koalition führen könnten, hieß es in Koalitionskreisen.

Am nächsten Morgen erklärte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg, die Bundesregierung wolle beim Aufbau der Stiftung und der Umsetzung des Steinkohle-Ausstiegs nicht auf "Sachverstand, Erfahrung und Kenntnisse" von Müller verzichten. Es gebe in der Frage noch keine endgültige Einigung, räumte er ein.

Gespräch zwischen Müller und Glos

Auslöser für das neuerliche Verwirrspiel um Müller war ein Gespräch des parteilosen Ex-Wirtschaftsministers am Mittwoch mit seinem Amtsnachfolger Michael Glos (CSU). Merkel hatte Glos gebeten, mit Müller verschiedene Optionen durchzuspielen. Die Interpretation des Gesprächs führte dann zur neuerlichen Verstimmung zwischen SPD und Union.

Vor allem Rüttgers macht seit Monaten keinen Hehl daraus, dass er Müllers Wechsel auf den Stiftungsvorsitz unbedingt verhindern will. Rüttgers fürchtet, dass der SPD-nahe Kulturfreund Müller nach dem Vorbild der Ruhrgebietslegende Berthold Beitz, dem Vorsitzenden der Krupp-Stiftung, zu großen Einfluss gewinnt.

Diverse Namen kursieren

Ein Comeback könnte nun die bereits vor einigen Wochen ersonnene Interimslösung für die Spitze der Kohle-Stiftung erleben. Müller würde als Gründungsvorsitzender und Architekt des deutschen Kohle-Ausstiegs in der Startphase mit dabei sein, dann aber auf den Chefsessel bei der wohl künftig im Dax notierten neuen RAG wechseln.

Auf diese Lösung könnte sich die SPD einlassen. Bleibt für die Koalitionäre und Rüttgers die Frage zu klären, wer statt Müller langfristig das Milliardenvermögen zur Abwicklung des Bergbaus im Ruhrgebiet verwalten soll. Inzwischen machen bereits die Namen einiger prominenter Ex-Politiker und Ex-Industriegrößen die Runde. (Von Tim Braune, dpa)

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