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Konjunktur: Abschied vom Aufschwung

Die Arbeitslosigkeit ist im November erneut gesunken. Die Perspektiven für die kommenden Monate sehen aber schlecht aus.

Berlin - Der Abbau der Arbeitslosigkeit ist nahezu zum Stillstand gekommen. Im November sank die Zahl der Erwerbslosen nur noch um rund 8000 auf 2,98 Millionen, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag mit. Saisonbereinigt, also unter Herausrechnung jahreszeitlicher Effekte, ging sie um 10 000 zurück. Die Arbeitslosigkeit baut sich damit in immer kleineren Schritten ab: Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre hatte der Rückgang von Oktober auf November noch 56 000 betragen.

Eine Trendwende nach Jahren des Stellenaufbaus kündigt sich nunmehr an. Seit die Zahl der Arbeitslosen im Januar 2005 erstmals mehr als fünf Millionen betragen hatte, war sie kontinuierlich gesunken. Im vergangenen Monat hatte sie erstmals seit 16 Jahren wieder unter der symbolträchtigen Marke von drei Millionen gelegen. Jetzt aber macht sich die Rezession, in der Deutschland inzwischen steckt, bemerkbar. Die ersten Vorboten seien bereits bei der BA angekommen, sagte der Chef der Behörde, Frank-Jürgen Weise. Die Arbeitskräftenachfrage schwäche sich merklich ab.

Außerdem sei die Zahl der Anträge auf Kurzarbeitergeld im November deutlich um 30 000 auf 57 000 gestiegen. „Die Botschaft ist klar: Der Abschwung der Wirtschaft wird im Arbeitsmarkt ankommen“, sagte Weise. Spätestens im zweiten Vierteljahr des kommenden Jahres werde es so weit sein. Im November 2009 könne es vielleicht schon 300 000 Arbeitslose mehr geben als heute. Der BA-Chef rechnet dennoch nicht damit, dass die Arbeitslosigkeit in dem Maße steigen wird, wie sich die Wirtschaft verschlechtert. „Wir sind besser gerüstet“, sagte Weise. Neben der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts durch die Hartz-Reformen führt Weise auch die bessere Vermittlung und den demografischen Wandel an. Dieser mache allein im kommenden Jahr einen Rückgang der Erwerbsfähigen um 130 000 aus.

Andere Experten sehen die Zukunft durchaus kritischer. „Wir müssen uns auf eine lange und harte Rezession einstellen“, sagte Kai Carstensen, Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, dem Tagesspiegel. Flexible Instrumente wie etwa Kurzarbeit oder Arbeitszeitkonten seien nur ein vorübergehender Puffer. Drastische und langfristige Produktionsrückgänge, wie sie derzeit etwa in der Autoindustrie der Fall sind, könnten dadurch nicht aufgefangen werden. „Ab Februar oder März wird die Arbeitslosigkeit daher wieder kontinuierlich und deutlich steigen“, sagte Carstensen.

Auch Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank rechnet mit einer sehr deutlichen Zunahme der Arbeitslosigkeit. „Das Tempo des augenblicklichen Abschwungs und seine zu erwartende Verstärkung sprechen eher für eine heftige Reaktion“, schreibt Tuchtfeld in einer Analyse. Im Verlauf des kommenden Jahres werde die Zahl der Menschen ohne Job daher um etwa 700 000 zunehmen.

Optimistischer ist Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. „Dank der Arbeitsmarktreformen werden wir durch diesen Abschwung besser durchkommen als je zuvor“, sagte er dieser Zeitung. Bis zu 300 000 Arbeitslose mehr im Jahresverlauf seien daher realistisch.

Umfragen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen zeigen, dass bereits Entlassungen geplant sind. So hatte etwa der „Handelsblatt“-Business-Monitor ergeben, dass 32 Prozent der rund 800 regelmäßig befragten Manager ihre Mitarbeiterzahl in den kommenden zwölf Monaten verringern wollen. Neueinstellungen planen nur 14 Prozent.

Wie hoch das Niveau ist, auf dem der Arbeitsplatzabbau startet, zeigen die am Donnerstag veröffentlichten Daten: Im Oktober lag die Zahl der Erwerbstätigen bei 40,84 Millionen und damit so hoch wie nie zuvor, meldete das Statistische Bundesamt. mit HB

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