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Konsum

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Konjunktur: Das Sommermärchen der Wirtschaft

Die Investitionen der Unternehmen beflügeln die Konjunktur im dritten Quartal. Doch die Finanzkrise verdüstert die Aussichten. Und den Verbrauchern verderben hohe Preise die Kauflaune.

Berlin - Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen Monaten überraschend starken Schwung bekommen. Im dritten Quartal lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,4 Prozent über dem Vorjahreswert. Verglichen mit dem zweiten Quartal des laufenden Jahres legte die Wirtschaftsleistung um 0,7 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das war das kräftigste Wachstum seit Ende 2006. In den ersten beiden Quartalen 2007 hatte das Wachstum mit 0,5 beziehungsweise 0,3 Prozent deutlich darunter gelegen.

Die ungewöhnlich starke Entwicklung wird vor allem durch das Inland getrieben. „In Ausrüstungen und Bauten wurde mehr investiert“, teilten die Statistiker mit. Auch ein leichter Anstieg der Konsumausgaben stütze das Wachstum. Der Außenhandel, der die Wirtschaft zuletzt maßgeblich angetrieben hatte, trug dagegen im dritten Quartal kaum etwas zum Wachstum bei.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte angesichts der guten Zahlen, die deutsche Wirtschaft habe „wieder Fahrt aufgenommen“. Auch der Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigte sich erfreut. „Der Aufschwung zeigt überraschend starke Widerstandskraft gegen den starken Euro und den hohen Ölpreis“, sagte der Chefvolkswirt Axel Nitschke. Die zum Jahreswechsel anstehende Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeit habe den Investitionen „einen kleinen Extra-Schwung“ gegeben.

Die Aussichten für die kommenden Monate sehen dagegen etwas düsterer aus. „Das vierte Quartal wird deutlich schwächer ausfallen“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt von Allianz und Dresdner Bank, dem Tagesspiegel. Gründe seien die rückläufigen Auftragseingänge in der Industrie und der immer noch schwache Konsum.

„Der private Verbrauch hinkt hinterher“, sagte Heise. Der starke Preisanstieg bei Strom, Öl und Lebensmitteln dämpfe die Kauflaune der Bürger stärker als noch vor einigen Monaten erwartet. Die meisten Volkswirte gehen nun von einem Wachstum von 2,4 bis 2,5 Prozent für das Gesamtjahr 2007 aus. „Im kommenden Jahr wird die Wirtschaft aber deutlich langsamer wachsen“, sagt Matthias Rubisch von der Commerzbank. Und auch Allianz-Volkswirt Heise sieht die Belastungen für die Wirtschaft eher steigen.

Unklar ist, wie stark die andauernde Finanzkrise die Entwicklung in Deutschland beeinträchtigen wird. Nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds die Fähigkeit europäischer Banken zum Geldverleih drastisch beeinträchtigen. Dies werde das Wirtschaftswachstum belasten, sagte IWF-Europa-Volkswirt Michael Deppler am Mittwoch in Brüssel.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sieht dagegen nur „leichte Bremsspuren“ durch die Finanzkrise. „Wir rechnen mit marginalen Einbußen beim Wirtschaftswachstum von 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten“, sagte DIW-Volkswirt Christian Dreger. Er setzt darauf, dass die Verbraucher im kommenden Jahr die Wirtschaft tragen. „Wir erwarten für 2008 und 2009 ein sehr starkes Wachstum beim Konsum.“

Darauf hofft auch das Handwerk, das sich bisher von der guten Konjunkturentwicklung abgekoppelt sieht. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) senkte am Mittwoch seine Umsatzprognose in der Branche für das laufende Jahr um mehr als die Hälfte auf 1,0 Prozent. „Das Wachstum verliert an Schwung, und der wird sich wohl auch so schnell nicht mehr einstellen“, sagte ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer in Berlin. Auch für 2008 rechnet der nur mit einem Prozent mehr Umsatz.

Stefan Kaiser

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