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Wirtschaft: Konjunktur: EU-Finanzminister fürchten keine Rezession

Die Anschläge in den USA werden nach Ansicht der EU-Finanzminister kurzfristig zu weiteren Belastungen des Wachstums, aber nicht zu einer Rezession führen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es am Wochenende beim informellen EU-Finanzministerrat im belgischen Lüttich, die Anschläge hätten kurzfristige Auswirkungen.

Die Anschläge in den USA werden nach Ansicht der EU-Finanzminister kurzfristig zu weiteren Belastungen des Wachstums, aber nicht zu einer Rezession führen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es am Wochenende beim informellen EU-Finanzministerrat im belgischen Lüttich, die Anschläge hätten kurzfristige Auswirkungen. Bundesbankpräsident Ernst Welteke sagte, es könne weltweit und insbesondere in den USA zu einem kurzfristigen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts kommen. EU-Währungskommissar Pedro Solbes zufolge wird die Wachstumsrate im Euro-Raum für das Gesamtjahr deutlich unter zwei Prozent liegen. Eine Rezession sei aber nicht zu erwarten. Trotz der konjunkturellen Entwicklung wollen die Minister an ihrer stabilitätsorientierten Haushaltspolitik festhalten.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte, das Treffen in Lüttich habe ganz unter dem Eindruck der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten und ihrer Folgen gestanden. Die Minister wollten alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Folgen zu beschränken und ein normales Funktionieren der Märkte zu erreichen. Der Euro-Stabilitätspakt, der darauf abzielt, mittelfristig ausgeglichene Haushalte oder einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, werde von allen Ministern ausdrücklich unterstützt, erklärte Bundesfinanzminister Hans Eichel.

Der Vorsitzende des EU-Finanzministerrats, der belgische Finanzminister Didier Reynders, sagte, die Anschläge in den USA hätten die Risiken eines Abwärtstrends der Weltwirtschaft vergrößert. Welteke sagte, das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts werde weltweit und vor allem in den USA kurzfristig zurückgehen. Solbes sagte, zwar werde das Wachstum im Euro-Raum in diesem Jahr deutlich unter zwei Prozent liegen, es drohe aber keine Rezession. Im Frühjahr war die Kommission für den Euro-Raum noch von 2,8 Prozent Wachstum ausgegangen. Welteke unterstrich, die fundamentalen Bedingungen der Wirtschaft in den USA und der EU seien durch die Anschläge nicht verändert worden. Die psychologische Wirkung der Anschläge sei aber nicht abzuschätzen, die Märkte seien verunsichert.

In ihrer Erklärung wiesen die Minister darauf hin, dass die Europäische Zentralbank und die anderen EU-Zentralbanken unmittelbar nach den Anschlägen Maßnahmen zum Funktionieren der Finanzmärkte eingeleitet und die Zinsen ebenso wie die Federal Reserve in den USA gesenkt hätten. Welteke sagte, die Zinssenkung der EZB am 17. September sei eine einmalige Antwort auf die Situation in den USA gewesen.

Tobin-Steuer skeptisch betrachtet

Derweil steht die Mehrheit der EU-Finanzminister der so genannten Tobin-Steuer nach den Worten von Bundesfinanzminister Eichel skeptisch gegenüber. Die Minister seien bei der Tobin-Steuer mehrheitlich davon überzeugt, "dass sie sich nicht dazu eignet, die Volatilität an den Märkten zu begrenzen", sagte er. Dies sei auch seine Überzeugung. Der französische Ministerpräsident Lionel Jospin hatte vor einigen Wochen die Einführung der Tobin-Steuer ins Gespräch gebracht.

Wie Eichel weiter sagte, solle die Europäische Kommission einem Beschluss der Minister zufolge einen umfassenden Bericht zur Globalisierung erarbeiten. Die zentrale Frage dabei sei, wie die Vorteile der Globalisierung bewahrt und ihre Nachteile vernünftig abgestellt werden könnten. Dazu gäbe es zahlreiche Vorschläge, von denen die Tobin-Steuer nur einer sei. Das Modell sieht vor, die Einnahmen aus der Besteuerung spekulativer Transaktionen zur Bekämpfung der Armut einzusetzen. Die Grundlage hatte der US-amerikanische Nobelpreisträger James Tobin entwickelt, über die Verwendung der Gelder indes nichts gesagt. Globalisierungsgegner machten sich sein Modell zu eigen, auch Frankreichs Regierung plädierte zeitweilig dafür.

Im Übrigen beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der EU, den Druck auf die Banken erhöhen, die Gebühren für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr in der Euro-Zone zu senken. Bundesbankpräsident Ernst Welteke sagte dazu, die Gebühren seien nach Auffassung der EZB, der Finanzminister und der EU-Kommission zu hoch. Welteke lehnte aber wie Bundesfinanzminister Eichel Forderungen der EU-Kommission ab, den Banken vorzuschreiben, dass die Gebühren für Transfers ins Ausland nicht höher als die für Überweisungen im Inland sein dürften.

Mit der Initiative der EU-Kommission würden Kostenstrukturen festgeschrieben, die möglicherweise nicht den tatsächlichen Kosten für die Überweisungen entsprächen, sagte Welteke. Eichel sagte, der Vorschlag der Brüsseler Behörde sei in der jetzigen Form ungeeignet. In der Bundesbank und "weitgehend" auch in der EZB werde stattdessen die Forderung laut, mehr Druck auf die Marktpartner auszuüben, um die Überweisungskosten zu senken, fügte Welteke hinzu. Verbraucherverbände hatten beklagt, dass die Gebühren für Auslandsüberweisungen im Euro-Raum nicht gesunken sind.

Wie am Rande des informellen Finanzministertreffens bekannt wurde, werden sich die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G 7) am 6. Oktober in Washington treffen. Nach den Anschlägen auf die USA hatten die G 7-Länder ihr für Ende September in Washington anberaumtes Treffen abgesagt. Zur G 7 zählen die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien.

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