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Die Lichter gehen aus. In Tokio wird zeitweise der Strom abgeschaltet. Im ganzen Land kam es zu Hamsterkäufen von Lebensmitteln, Batterien und Benzin.

© dpa

Konjunktur: Globale Angst

Das Erdbeben und eine mögliche Nuklearkatastrophe in Japan haben schlimmstenfalls auch für die Weltwirtschaft fatale Folgen.

Berlin - Das Erdbeben und eine mögliche Nuklearkatastrophe in Japan haben schlimmstenfalls auch für die Weltwirtschaft fatale Folgen. Ein anhaltender Preissturz an den Finanzmärkten könne ernsthafte Probleme auch in Deutschland auslösen, sagten Ökonomen am Dienstag. Eine wahrscheinliche Rezession in Japan werde die Welt und auch Europa aber weitaus weniger treffen, da die Einbindung des Landes in die Weltwirtschaft nicht so stark sei.

„Die Auswirkungen über die Finanzmärkte machen mir Sorgen“, sagte Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), in Berlin. Rund um den Globus sind die Aktienindizes nach dem Beben deutlich zurückgegangen. Ein Verfall der Vermögenspreise, also von Aktien oder Anleihen, habe bereits die vergangenen beiden Finanzkrisen ausgelöst. „An den Finanzmärkten kann sich eine Panik herausbilden, die nicht rational ist“, warnte Horn. „Das trifft einen Bankensektor, der noch nicht wieder gesund ist.“ Die Institute müssten bei einem dauerhaften Kursverfall Abschreibungen vornehmen, dies bremse die Finanzierung des Warenhandels. Womöglich falle die Konjunktur in Europa dann deutlich schlechter aus als derzeit erwartet. „Ein Lehman-Effekt ist nicht ausgeschlossen“, sagte der Wissenschaftler mit Blick auf die Bank, die die Finanzkrise ausgelöst hatte.  

Ulrich Blum, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, fürchtet einen Dominoeffekt durch das Beben. „Meine größte Sorge ist die der Finanzmarkteffekte“, sagte er. Über Jahre werde Japan importieren müssen, um die Schäden zu kompensieren. Dies bedeute, dass die Bürger nicht mehr wie bislang US-Staatsanleihen kaufen könnten. „Und dann haben die Amerikaner ein  Problem“, sagte Blum mit Blick auf die USA, die ihr Staatsdefizit durch den Verkauf von Anleihen ins Ausland decken. Auf diese Weise, könne der Dollar unter Druck geraten, befand Blum weiter.

Die Katastrophe sorgt auch in der deutschen Wirtschaft für Skepsis. Der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ermittelte Index zur Konjunkturerwartung fiel im März um 1,6 auf 14,1 Punkte. Die befragten Finanzexperten schätzten mithin die Wirtschaftsaussichten für die nächsten sechs Monate schlechter ein als vor der Katastrophe. Nach Ansicht von ZEW-Chef Wolfgang Franz, Chef im Rat der Wirtschaftsweisen, trübten die Ereignisse in Japan die deutsche Konjunktur zumindest kurzfristig ein. An sich aber sei die hiesige Wirtschaft in einer robusten Lage.

Wegen der zunehmenden Risiken senkte jedoch das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut HWWI seine Wachstumsprognose für Deutschland für dieses Jahr von 2,5 auf 2,3 Prozent. „Die Fortsetzung des Aufschwungs ist wegen aktueller geopolitischer Ereignisse unsicherer geworden“, erklärten die Forscher.

Wie weitreichend die Naturkatastrophe für Japan wird, hängt von der Entwicklung in den defekten Atomkraftwerken ab. Bislang gehen die Berechnungen davon aus, dass sich die atomare Verseuchung in Grenzen halten wird und der Wiederaufbau in absehbarer Zeit gelingt – mit einer entsprechend kurzen Krisenphase von wenigen Monaten. Sollte es anders kommen und ganze Landstriche unbewohnbar werden, sei mit einer langen Rezession zu rechnen, sagte Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Durch die Handelsverflechtungen Japans würde dies die Weltwirtschaft negativ beeinflussen.

Allerdings ist der deutsche Warenaustausch mit Japan übersichtlich – gut ein Prozent des Exports geht dorthin, drei Prozent des Imports kommen von dort. Die USA und China sind stärker mit dem Land verflochten. Für einige Branchen ist Japan extrem wichtig – 60 Prozent der weltweiten Halbleiterchips, die in vielen Konsumprodukten stecken, kommen von dort. Auch die deutschen Maschinenbauer beziehen Steuerungsteile aus dem Land. Allerdings stehen die bislang zerstörten Regionen nur für sechs Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. mit dpa

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