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Wirtschaft: Kontakte knüpfen über sechs Ecken

Bei OpenBC finden die richtigen Leute zusammen

Fidel Castro und Josef Ackermann kennen sich – zumindest über sechs Ecken; ebenso Angela Merkel und Osama bin Laden. Aus der Soziologie stammt die These: Jeder Mensch ist höchstens sechs Bekanntschaften von jedem anderen entfernt. Heute lässt sich damit Geld verdienen – im Internet. Das Modell heißt „Sozialer Netzwerkdienst“, neudeutsch „social network“. Einer der größten Anbieter kommt aus Hamburg: Der Open Business Club (OpenBC) ist eine Art virtueller Basar, eine Internetcommunity für Geschäftsleute.

Lars Hinrichs hat die Kontaktbörse 2003 gegründet. „Ich wollte die Kontakte meiner Kontakte sehen“, erklärt er seine Idee, „hier liegt das wirtschaftliche Potenzial.“ Schon bestehende Kontakte brächten selten einen neuen Deal, sondern Menschen, die man um eine Ecke kenne. Auch das ist eine These aus der Soziologie, die viele Geschäftsleute teilen.

Das Geschäftsmodell von OpenBC ist einfach. Jeder kann Mitglied werden und eine Kontaktseite anlegen, eine Art beruflichen Steckbrief inklusive Lebenslauf, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Jeder kann nach anderen Mitgliedern suchen und sich deren Seite anschauen. Das wirklich Neue dabei: Der Nutzer sieht, über wen er jemand anderen kennt.

Diese Dienste kosten nichts. Bei OpenBC gibt es auch keine Werbebanner und keine Anzeigen, Geld verdient das Unternehmen nur mit seinen so genannten Premiumdiensten. Für 5,95 Euro im Monat können sich die Nutzer private Nachrichten schicken, und die Suchfunktion hat mehrere Facetten. Wer zum Beispiel wissen will, was seine Ex-Kollegen heute treiben, der kann nicht nur nach den jeweiligen Namen suchen, sondern auch nach der Firma.

Die Idee funktioniert. Seit OpenBC online ging, ist die Zahl der Mitglieder stetig gewachsen. Heute gibt das Unternehmen sie mit über einer Million an. Und die können in den vielen Foren auf der Internetseite rund um die Uhr diskutieren, verhandeln und Geschäfte machen.

Wie viele Mitglieder bereit sind, jeden Monat dafür zu zahlen, verrät Firmengründer Hinrichs nicht. Aber es lohnt sich: „Wir schreiben schwarze Zahlen“, sagt er, „als Einzige in der Branche.“

Einer seiner Kunden ist Michael Munz. Er ist Direktor einer Entwicklungsabteilung des Holtzbrinck-Verlages, zu dem auch der Tagesspiegel gehört. „Ich suche oft qualifizierte Freiberufler“, sagt er. Im letzten Sommer brauchte er dringend jemanden, der sich mit Suchmaschinen wie Google auskennt. Bei OpenBC tippte er seine Wünsche ein und eine Liste mit Beratern und Programmierern erschien.

Darauf stand Florian Lehwald, Inhaber der Online-Marketingagentur „24 Coffees Media“ aus Berlin. Auf seiner Kontaktseite gibt er als sein Spezialgebiet an: Internet-Suchmaschinen. „Eine aussagekräftige Kontaktseite ist heute fast wichtiger als eine eigene Website“, sagt er. Munz sieht bei OpenBC, dass er Lehwald über vier andere Kollegen kennt, und sendet ihm eine Nachricht: ob er Interesse an einem Treffen hat. Heute arbeitet Lehwald als Berater bei ihm.

Auch professionelle Headhunter nutzen das Angebot. Gunther Schnatmann rekrutiert Personal für Medienunternehmen. „Bei manchen Aufträgen hat mir OpenBC die Hälfte des Jobs abgenommen“, sagt er. Andere Nutzer wiederum besuchen den Basar, um sich einfach mal nett zu unterhalten.„Ich gehe mit OpenBC eher spielerisch um“, sagt Eric Hopf, Inhaber der Marketing-Agentur Hopf strategisches Marketing. Er treffe online meist Leute, die er schon kenne. „Diese Kontakte frische ich dann auf.“

Einer der größten Wettbewerber von OpenBC verfolgt eine diskretere Politik. Das Netzwerk „Linked In“ aus den USA hat nach eigenen Angaben 4,8 Millionen Mitglieder. Hier darf aber nicht jeder sehen, wer wen kennt. Eine Nachricht wird nach dem Prinzip „stille Post“ weitergereicht: Wenn zwei Nutzer sich über sechs Ecken kennen, muss jeder Zwischenkontakt die Nachricht abnicken. Doch bis jetzt ist das Modell nicht gewinnbringend. „Wir wollen in zwei bis sechs Monaten die Profitabilität erreichen“, sagt Konstantin Guericke, bei „Linked In“ zuständig für Marketing.

Der Erfolg von OpenBC hingegen schwappt manchmal schon aus dem virtuellen Raum hinüber in die echte Welt. Mitglieder verabreden sich regelmäßig zu „Offline Events“. Dahinter verbergen sich ganz normale Partys oder gemeinsame Kinobesuche. Das Geschäft ist eben nicht alles.

Oliver Trenkamp

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