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Wirtschaft: Konto für alle

Occupy-Aktivisten gründen in den USA eine Geldkooperative. Der Bankservice soll vor allem armen Menschen zugutekommen.

Washington - Die Idee zur fairen Geldmühle kam auf einer Bank – im New Yorker Zuccotti-Park, der Keimzelle der Occupy-Bewegung. Auch der britische Ex-Diplomat Carne Ross nahm im Herbst 2011 an den Massenprotesten gegen die Macht von Amerikas Großbanken teil. Ross, der aus Frust über den Irak-Krieg der Diplomatie den Rücken gekehrt hatte, dachte mit einer Gruppe von Finanzexperten über das Protestcamp hinaus. Ihr Ziel: Eine moralische Alternative zur Bank. In Kürze ist es soweit: Mit einer Kontokarte geht die „Occupy Money Cooperative“ (Occupy-Geldkooperative) an den Start.

„Die Kooperative soll vor allem all denen Zugang zu einem Konto geben, denen er derzeit vom profitorientierten Bankensystem verwehrt wird», erklärt Ross, der heute politischer Berater in Manhattan ist. Zehn Millionen Haushalte und damit rund 40 Millionen Menschen haben in den USA aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nach Schätzungen keine Chance auf ein Bankkonto. „Die Kooperative will dafür sorgen, dass die Bevölkerung wieder Kontrolle über ihre Banken hat“, so der 46-jährige Ross.

Erstes Produkt ist eine Kontokarte, ähnlich einer EC-Karte, über die Inhaber aber nur mit dem Geld wirtschaften können, das sie auch tatsächlich eingezahlt haben. Die Karte läuft über einen Kreditkartenanbieter. Welchen, verrät Ross noch nicht. Wer sie hat, soll damit nicht nur Bankgeschäfte tätigen können, sondern auch mitreden. Denn er ist automatisch Mitglied der Verbrauchergenossenschaft und damit an künftigen Entscheidungen beteiligt. Und nicht nur, wenn er zu den berühmten 99 Prozent der Bevölkerung gehört, für die die Occupy-Demonstranten monatelang ihre Stimme erhoben haben.

„Jeder kann bei uns Mitglied werden, sogar Bill Gates“, versichert Ross. „Aber er bekommt nur eine Karte und damit auch nur eine Stimme.“ Wenn sich die Karte bewährt hat, sollen weitere Dienstleistungen folgen. Doch vor der Karte kommt das Kapital. „Wir brauchen Startgeld, um die ersten Plastikkarten zu drucken und Personal einzustellen“, erklärt Ross. Dazu wird die Kooperative in den kommenden Tagen eine Fundraisingaktion starten. Wer spendet, erhält die Eintrittskarte zum günstigen Zahlungsverkehr jenseits der teuren US-Banken, «mit all ihren versteckten Gebühren und Profitinteressen», erklärt Ross.

Wie der ehemalige UN-Diplomat selber, arbeitet noch ein Dutzend anderer Aktivisten freiwillig für das Projekt. Mit im Aufsichtsrat sitzt beispielsweise der ehemalige Deutsche Bank-Mitarbeiter Christian Brammer, der sich inzwischen als selbstständiger Finanzberater in New York niedergelassen hat. «Der Geist der Banken hat sich seit den 1980er Jahren derart verändert, dass ich mich nicht mehr damit identifizieren konnte», sagt er. Antje Passenheim (dpa)

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