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Konzernumbau: Siemens will Geld zurück

Siemens plant Schadenersatzklagen gegen ehemalige Zentralvorstände. Beim Arbeitsplatzabbau soll es unterdessen keine Kündigungen geben.

Die Siemens-Mitarbeiter in Deutschland können aufatmen. Beim geplanten Arbeitsplatzabbau will der Konzern auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Dagegen wird es für frühere Mitglieder des obersten Führungsgremiums ernst. Alle ehemaligen Zentralvorstände aus den Jahren 2003 bis 2006 müssen damit rechnen, vom Unternehmen auf Schadenersatz verklagt zu werden. Am kommenden Dienstag tritt in München der Aufsichtsrat zusammen. Dann will er entscheiden, ob er von den ehemaligen Vorständen Schadenersatz in Millionenhöhe verlangen wird.

Durch die Schmiergeldaffäre, bei der zwischen 2000 und 2006 Gelder im Volumen von 1,3 Milliarden Euro in dubiose Kanäle flossen, ist Siemens nach eigenen Angaben ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Dabei geht es nicht nur um die Anwalts- und Beraterkosten zur Aufarbeitung der Affäre. Hinzu kommen Bußgelder und die erwartete Strafe durch die gefürchtete US-Börsenaufsicht SEC. Die Münchner Staatsanwaltschaft und das Unternehmen werfen der alten Führung vor, nicht energisch genug auf Korruptionshinweise reagiert zu haben.

Siemens hatte mögliche Schadenersatzansprüche von der Kanzlei Hengeler Müller prüfen lassen. Inzwischen sind die Experten zu einem Ergebnis gekommen: Siemens kann nicht nur, sondern muss sogar Schadenersatz einfordern. „Wenn ein Schaden für die Gesellschaft entstanden ist, dann muss der Aufsichtsrat handeln, da gibt es überhaupt keine Wahl“, sagt ein Aufsichtsratsmitglied dem „Handelsblatt“. Betroffen sind neben den ehemaligen Siemens-Chefs Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld auch Heinz-Joachim Neubürger, Johannes Feldmayer, Klaus Wucherer, Jürgen Radomski, Uriel Sharef, Thomas Ganswindt, Rudi Lamprecht und Edward Krubasik.

Während sich die Konzernführung gegenüber der früheren Führung hart zeigt, kommt sie den Arbeitnehmervertretern beim geplanten Abbau von weltweit rund 17 000 Arbeitsplätzen entgegen. Siemens werde auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten und verpflichte sich zudem, bis zum Ende des kommenden Geschäftsjahres (30. September 2010) keine deutschen Standorte zu schließen oder zu verlagern. Das teilten Gesamtbetriebsrat und IG Metall in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstag mit.

Siemens hatte Anfang Juli den Abbau von weltweit rund 17 000 Stellen angekündigt, davon rund 5250 in Deutschland. Ziel ist es in erster Linie, die Vertriebs- und Verwaltungskosten bis 2010 um 1,2 Milliarden Euro zu senken. Die IG Metall hatte harte und langwierige Verhandlungen angekündigt.

Am Dienstag hieß es nun: Zu dem geplanten Konzernumbau bei Siemens gebe es eine tragfähige Gesprächsgrundlage. Gewerkschaft, Vertreter des Gesamtbetriebsrats und der Unternehmensleitung hätten sich in einem Eckpunktepapier auf wesentliche Grundlagen für das weitere Vorgehen geeinigt. „Mit der Zusicherung, dass der Konzernumbau ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgt, kommt Siemens der wichtigsten Forderung der IG Metall nach“, sagte Gewerkschaftschef Berthold Huber.

Nach Angaben der Arbeitnehmervertreter rückt Siemens zudem von seinen Plänen ab, die Industriemontagesparte SIMS mit ihren 1200 Mitarbeitern zu verkaufen. In Berlin wären hiervon laut Gewerkschaft 51 Mitarbeiter betroffen gewesen. Siemens verpflichte sich weiterhin, den Service und den Vertrieb in der Fläche zu erhalten und auszubauen. In Berlin ist der Regionalvertrieb Deutschland angesiedelt. Der Bereich Bahntechnik (Mobility) werde auch künftig bei Siemens bleiben, Werke an deutschen Standorten sollen nicht geschlossen werden. Im Bahntechnik-Werk in Berlin-Treptow arbeiten derzeit rund 1000 Mitarbeiter. Allerdings werde es im Zuge der Sanierung in diesem Bereich zu einem größeren Stellenabbau kommen, hieß es in der Erklärung. Die geplanten Personalanpassungen sollen vor allem durch Altersteilzeit und vorzeitige, freiwillige Beendigungen erreicht werden. Hierzu soll es einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geben.

Zwar erwartet der Gesamtbetriebsrat noch schwierige Verhandlungen, bis Ende August soll aber ein Beschluss gefasst werden. Damit erfüllt die Arbeitnehmerseite einen der dringlichsten Wünsche der Siemens-Spitze, die die Kosten für den Stellenabbau möglichst noch im laufenden Geschäftsjahr – also bis Ende September – verbuchen will. mit HB

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