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Wirtschaft: Krisenfeste Vermarkter

Was vor Jahren noch ein wenig skurril anmutete, ist mittlerweile gang und gäbe: Computer bei Aldi, Notebooks bei Lidl. Elektronik als Massenware zu günstigen Preisen.

Was vor Jahren noch ein wenig skurril anmutete, ist mittlerweile gang und gäbe: Computer bei Aldi, Notebooks bei Lidl. Elektronik als Massenware zu günstigen Preisen. Dahinter stehen clevere Vermarkter wie die Unternehmen Medion, IPC Archtec und Gericom.

Mit soliden Gewinnzuwächsen und steigenden Aktienkursen schreiben die Firmen einige der wenigen Erfolgsgeschichten am Neuen Markt. "Investoren mögen solche Storys", sagt Cengiz Sen, Analyst bei der Commerzbank. Ein Grund für die Euphorie: "Wenn die Menschen weniger Geld im Portemonnaie haben, achten sie beim Kauf von Computern und Notebooks eher auf den Preis als auf die Marke", sagt Ralf Muthmann vom Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt. Das heißt: Gerade in der Flaute kommt eher ein günstiges Gericom-Notebook auf den Schreibtisch als ein teures Sony-Produkt.

Gericom, IPC und Medion organisieren Verkaufsaktionen für Lebensmittel- und Elektronikhändler wie Aldi und Media Markt. Entscheidend dabei ist das so genannte Built-To-Order-System. Die Vermarkter lassen eine vorher festgelegte Stückzahl beispielsweise von Notebooks speziell für eine Verkaufsaktion herstellen, die die Händler abnehmen müssen. "Damit tragen Aldi & Co. das Verkaufsrisiko", sagt Analyst Sen. Weiterer Pluspunkt: Die Vermarkter haben keine Kosten etwa für die Lagerhaltung. Außerdem können die Firmen beim Einkauf der elektronischen Bausteine beispielsweise der Chips von Intel, Mengenrabatte durchsetzen.

Die Geschäfte brummen. So konnte beispielsweise Gericom in den ersten neun Monaten 2001 den Gewinn vor Zinsen und Steuern um 78 Prozent auf 19 Millionen Euro erhöhen. Und verdrängte im deutschen Notebook-Markt Branchenprimus Toshiba von der ersten Position. Dabei profitiert das Unternehmen aus dem österreichischen Linz auch von dem derzeitigen Trend zu den tragbaren Klein-Computern. "Während in Deutschland der PC-Markt weiter zurückgeht, wird der Notebook-Absatz im laufenden Jahr um etwa 25 Prozent zulegen", schätzt Analyst Muthmann. Gericom nimmt wie seine Konkurrenten Kurs auf Europa, der Anteil des Deutschlandgeschäftes am Gesamtumsatz soll von mehr als 60 Prozent langsam zurückgehen.

Wie Gericom setzt auch IPC Archtec hauptsächlich auf das Notebook-Geschäft. Damit will Firmenchef Hermann Krassler rund 55 Prozent des Gesamtumsatzes in 2002 machen, nach einem Anteil von 47 Prozent im Vorjahr. Für die ersten beiden Monate 2002 hat das Unternehmen einen Rekordauftragsbestand bei Notebooks gemeldet. In den ersten neun Monaten 2001 legte der Gewinn vor Zinsen und Steuern um 69,8 Prozent auf 14,57 Mill. Euro zu. "Das Weihnachtsgeschäft im vierten Quartal lief glänzend, das Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr lag bei 54 Prozent", freut sich Andreas Empl, IPC-Vorstand für Unternehmenskommunikation. Zurzeit befindet sich das Unternehmen aus dem bayerischen Niederaichbach in Verhandlungen mit Media Markt Deutschland über eine Kooperation. Die Hypo-Vereinsbank empfiehlt das Papier zum Kauf. Analyst Peter Rothenaicher schätzt, dass der Gewinn pro Aktie in 2002 bei 3,40 Euro liegen dürfte.

Blue Chip unter den Vermarktern ist Medion aus Essen, drittgrößtes Unternehmen am Neuen Markt. Mit Aldi-PCs ist das Unternehmen bekannt geworden. Im Ausland arbeitet Medion mit Carrefour in Frankreich und Kingfisher in Großbritannien zusammen. Commerzbank-Analyst Sen empfiehlt das Medion-Papier mit einem Kursziel von 60 Euro zum Kauf. Der Umsatz dürfte in diesem Jahr um 20 bis 25 Prozent zulegen. In den ersten neun Monaten 2001 lag der Umsatz bei etwa einer Milliarde Euro. Von ihrem Tief bei 29,50 Euro im September 2001 hat sich die Medion-Aktie mittlerweile erholt und schoss bis Anfang Januar um 70 Prozent auf 50 Euro in die Höhe.

Analysten sehen für Medion & Co. optimistisch in die Zukunft. Auch, weil die Unternehmen Trendsetter in der Elektronikbranche sind. "Die Vermarkter machen Elektronik-Neuheiten zur Massenware, weil sie erschwinglich werden", sagt Analyst Sen. Plasmabildschirme und Digitalkameras könnten mit Hilfe der Vermarkter bald ähnlich angesagt sein wie derzeit Notebooks und Flachbildschirme.

Ansgar Siemens

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