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Wirtschaft: Krisengipfel für Hitzeopfer

Bauern sollen nach schlechter Ernte Ausgleich bekommen / Auch trockengelegte Schiffer wollen Ausfallgeld

Berlin (pet). Nach massiven Ernteausfällen infolge der Dürre hat das Bundesverbraucherministerium die Länder für die kommende Woche zu einem Expertengespräch nach Berlin geladen. Dabei sollen Hilfen für die besonders stark betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe beraten werden, kündigte das Ministerium am Freitag an. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist in diesem Jahr 11,5 Prozent weniger Getreide geerntet worden als im Vorjahr. Neben den Landwirten fordern nun auch die Binnenschiffer öffentliche Unterstützung, weil ihre Schiffe auf dem Tockenen liegen. Energieknappheit und höhere Strompreise sind offenbar aber nicht zu befürchten.

Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes liegt die Getreideernte nicht nur deutlich unter dem Wert des Vorjahres, sondern auch um 16,7 Prozent unter dem SechsJahres-Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2001. Leidtragende sind vor allem Brandenburg (minus 36 Prozent) und Bayern (minus 25 Prozent). Dagegen liege die Ernte in Schleswig-Holstein um 5,2 Prozent über dem Sechs-Jahresschnitt. Grund für die Ernteausfälle waren nach Angaben des Statistikamtes neben Spätfrösten bei Wintergetreide und der Trockenheit im Mai und Juni auch ein Rückgang der Anbaufläche. Auf die Verbraucherpreise werden die Ernteausfälle voraussichtlich kaum Auswirkungen haben. Allerdings hat die EU-Kommission bereits einen Exportstopp für Getreide verhängt.

„Die jetzt vom Statistischen Bundesamt vorgelegten ersten Zahlen über den Umfang der trockenheitsbedingten Ernteeinbußen in der Landwirtschaft zeigen, dass die Auswirkungen sich regional erheblich unterscheiden", sagte Verbraucherstaatssekretär Alexander Müller. Es gebe Abstimmungsbedarf. Eine Sprecherin des Ministerium sagte, bei den Hilfen könne es nur um Zuwendungen zur Existenzsicherung gehen. Geholfen werde nur Betrieben, deren Umsatz um 30 Prozent geringer ausfalle als im Vorjahr.

Die Bauern hatten wegen der Dürre bereits Ende Juli ein Notprogramm von Bund und Ländern gefordert. Am Freitag schlossen sich die Flussschiffer an. „Die Binnenschifffahrt hat bereits erhebliche Einbußen zu verzeichnen“, sagte Heinz Hofmann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt. Zwar gebe es bei Niedrigwasser Zuschläge für die Schiffer, diese reichten aber nicht aus. Deshalb müsse über staatliche Hilfen für die rund 6000 Beschäftigten geredet werden. Wegen der Hitze sanken die Wasserstände auf deutschen Flüssen auch am Freitag weiter. Auf der Elbe ist die Binnenschifffahrt bereits eingestellt, auf der Donau der Betrieb auf 70 Kilometern nur noch für wenige Schiffe möglich.

Auch die Energiewirtschaft leidet unter den hohen Temperaturen. Drei der vier deutschen Atomkraftwerke haben ihre Leistung in den vergangenen Tagen deutlich zurückgefahren, das Werk Obrigheim ist ganz vom Netz gegangen. Grund ist die erhöhte Temperatur des Kühlwassers, das darum nicht in die Flüsse zurückgeleitet werden darf. Atomkraftwerke tragen zu rund einem Drittel zur Stromversorgung bei. Der Energiekonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat bereits vor Engpässen in der Stromerzeugung gewarnt und die Verbraucher zum Stromsparen aufgerufen.

Die reduzierte Leistung hat die Preise an den Strombörsen in den vergangenen Tagen deutlich steigen lassen. Dass auch die Verbraucherpreise in den nächsten Monaten steigen, gilt als unwahrscheinlich. „Wir haben zu Jahresbeginn eine Preisgarantie für das Jahr 2003 gegeben“, sagte ein Sprecher der Berliner Bewag. „Daran werden wir uns auch halten.“ Für 2004 wolle das Unternehmen noch keine Aussage treffen. Der Essener Energieversorger RWE wollte keine Aussage zu den Preisen machen. „Das ist zurzeit noch nicht absehbar“, sagte ein Sprecher. Der derzeit geltende allgemeine Tarif laufe erst in eineinhalb Jahren aus.

Die Verbraucherschützer beruhigen. „Das Wetter spielt bei den Strompreisen eine untergeordnete Rolle“, sagt Thorsten Kasper vom Bundesverband Verbraucherzentralen.

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