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Wirtschaft: Kündigungsschutz wird verteidigt

Clement will Kleinstbetriebe entlasten – Lockerung des Arbeitsrechts stößt bei Wissenschaft und SPD auf Skepsis

Berlin (asi). Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zur Lockerung des Kündigungsschutzes sind bei FachPolitikern und Arbeitsmarktexperten auf Skepsis getroffen. Zwar überwiegt die Auffassung, gerade für Kleinstbetriebe müssten Ausnahmeregelungen ge- schaffen werden. Doch von umfangreichen Effekten für die Beschäftigungssituation geht kaum einer der Experten aus. DGB-Chef Michael Sommer drohte sogar: „Wer das mit den Gewerkschaften machen will, kriegt Ärger.“

„Es gibt so gut wie keine Untersuchungen“, sagte der Arbeitsmarktexperte des Münchner Ifo-Institutes, Martin Werding, dem Tagesspiegel. Deshalb könnten auch keine Aussagen darüber getroffen werden, ob die Herabsetzung der Kündigungsschutzschwelle von Betrieben mit zehn auf solche mit fünf Mitarbeitern vor gut vier Jahren negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hatte. Dennoch müssten die Regelungen im Arbeitsrecht für Kleinstbetriebe „gefühlsmäßig entschärft“ werden, sagte Werding. Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert, wollte sich Gesprächen darüber nicht verschließen. Zwar lehne sie eine Heraufsetzung der Kündigungsschutzschwelle für Betriebe ab. Denn „nach internationalen Erfahrungen bringt das keine Arbeitsmarkteffekte“. Dennoch stehe sie für mehr Flexibilisierung in diesem Bereich.

Ganz anders sehen das die meisten Politiker in der SPD. Fraktionsvize Ludwig Stiegler und der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD, Ottmar Schreiner, sagten, das Clement mit seinen Vorstellungen keine Unterstützung in der Fraktion erhalten werde.

Die Bundesanstalt für Arbeit registrierte 2001 rund 1,5 Millionen Betriebe mit bis zu fünf sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Das sind mehr als 70 Prozent aller Betriebe in Deutschland. Ein Teil dieser Betriebe mit insgesamt 3,2 Millionen Beschäftigten könnte von einer Neuregelung der sogenannten Kleinbetriebsklausel profitieren, allerdings nur die größeren unter ihnen. Zusätzlich würde für die rund 256000 Betriebe mit sechs bis neun Beschäftigten die erleichterten Kündigungsregelung gelten, wenn sich Clement mit seinen Überlegungen durchsetzt.

Klaus-Heiner Röhl, Mittelstands-Experte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet eher eine „symbolische Wirkung“ vom Vorstoß des Ministers. Sinnvoller wäre es seiner Ansicht nach, die Lockerung auf den ganzen Mittelstand auszudehnen, also auf Betriebe mit bis zu 500 Mitarbeitern. Von den Reformen dürfe ohnehin keine schnelle Wirkung erwartet werden, mahnte der Experte. „Kurzfristig schafft die Lockerung des Kündigungsschutzes für Kleinbetriebe keine Arbeitsplätze“, sagt Röhl. Die Zahl der Einstellungen sei schließlich immer konjunkturabhängig. „Im Konjunkturtief würden bei vereinfachten Kündigungsvorschriften mehr Leute entlassen, bei einem Aufschwung mehr eingestellt - letztendlich ein Nullsummenspiel“.

Die Arbeitgeber begrüßten Clements Vorschlag dennoch. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, „hin zu der dringend notwendigen Flexibilisierung des Arbeitsrechts“, teilte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt mit. Clements „Offensive“ zur Entbürokratisierung sei wesentlich, um Deutschland wettbewerbsfähiger zu machen. „Gerade die Kündigungsschutzregelung hat die Personalplanung in den Unternehmen erheblich erschwert und ist immer mehr zu einem Einstellungshemmnis geworden.“

Eine Auffassung, die auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Selbstständigen mit 80000 Mitgliedsbetrieben, Ralf-Michael Löttgen, vertritt. Das derzeitige Arbeitsrecht gehen davon aus, dass Kleinunternehmen allzu leicht Mitarbeiter entlassen würden, sagte Lüttgen. Das Gegenteil sei jedoch der Fall. „Gerade in Kleinbetrieben ist eine Stammbelegschaft wichtig“. Doch es müsse ein „zuviel an Schutz“ gegen mehr Flexibilität eingetauscht werden.

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