zum Hauptinhalt
Storno, Kasse 23, bitte! Die Umtauschregeln sind nicht so, wie sie viele Händler den Kunden gerne verkaufen.

© dpa

Kundenrechte: Wenn Käufer irren

Reklamation nur mit Kassenbon? Ohne Originalverpackung geht gar nichts? Stimmt alles nicht, sagen Verbraucherschützer. Zehn populäre Irrtümer.

Am Freitag in einem Elektroladen am Potsdamer Platz: Den Gameboy „Nintendo DSi“ gibt es zum Supersonderangebot von 129 Euro. Doch der Händler rät dazu, ein paar Euro mehr auszugeben. Nicht, um die neue, teurere 3-D-Variante zu erstehen, sondern für eine Zusatzgarantie. Für 30 Euro mehr könne man sich gegen fast alle Schäden absichern – vier Jahre lang. Sonst sei man nur ein halbes Jahr geschützt, erklärt der Verkäufer. „Quatsch“, sagt Peter Lischke, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin.

Am Donnerstag hat das Europäische Parlament neue Regeln für das Einkaufen per Internet oder Telefon festgelegt. Doch noch immer shoppen die Deutschen am liebsten dort, wo sie die Ware anfassen können – im Laden vor Ort. Mit einem Umsatz von 411 Milliarden Euro rechnet der Einzelhandelsverband HDE für dieses Jahr, nur knapp 30 Milliarden Euro werden davon auf das Online- und Versandgeschäft entfallen. Doch obwohl jeden Tag Millionen von Kunden einkaufen gehen, kennt kaum jemand seine Rechte so ganz genau. Wenn es um Reklamation und Umtausch geht, halten sich Halbwahrheiten und Unwahrheiten besonders hartnäckig. Höchste Zeit, damit aufzuräumen.

Erster Irrtum: Wenn mir die Ware nicht gefällt, kann ich sie umtauschen.

„Stimmt nicht“, sagt Verbraucherschützer Lischke. Hat auch nie gestimmt. Trotzdem lasse sich der Glaube an ein unbeschränktes Umtauschrecht „einfach nicht ausrotten“. Richtig ist aber: Gekauft ist gekauft. Nur wenn die Ware einen Mangel hat, kann man reklamieren. Dabei darf der Händler zunächst versuchen, das Gerät zu reparieren. Schlägt die Reparatur zwei Mal fehl, kann der Kunde die Ware zurückgeben und bekommt sein Geld zurück (Wandlung). Wer will, kann das Produkt auch behalten und sich einen Teil des Geldes erstatten lassen (Minderung). Andere Regeln gelten, wenn man im Internet bestellt oder per Katalog oder Telefon einkauft. In Deutschland hat man schon jetzt bei solchen Geschäften ein zweiwöchiges Rückgaberecht – und zwar auch dann, wenn das Produkt völlig in Ordnung ist. Von diesem Recht machen die Käufer reichlich Gebrauch. „Im Online-Handel werden 30 bis 50 Prozent der Waren zurückgegeben“, berichtet HDE-Sprecherin Ulrike Hörchens.

Zweiter Irrtum: Ohne Kassenbon kann man nicht reklamieren.

Ein weit verbreiteter Irrglaube. Man muss nur nachweisen können, dass man die Ware bei dem Händler gekauft hat, bei dem man reklamiert. Dazu reicht auch ein Zeuge oder – bei größeren Anschaffungen – der Überweisungsbeleg oder die Kreditkartenabrechnung.

Dritter Irrtum: Ich kann Sachen nur zurückgeben, wenn ich noch die Originalverpackung habe.

Das ist der Grund, warum sich in den Kellern der Deutschen leere Riesenkartons stapeln, in denen einst Fernseher oder Staubsauger verpackt waren. „Unnötig“, sagt Verbraucherschützer Lischke. „Man kann auch dann reklamieren, wenn man die Originalverpackung nicht mehr hat.“ Das gilt auch für den Onlinehandel, wie das Oberlandesgericht Frankfurt ausdrücklich entschieden hat.

Aber Achtung: Neben der gesetzlich verankerten Gewährleistung, die für fehlerhafte Waren gilt, bieten manche Einzelhändler ihren Kunden – freiwillig – an, auch fehlerfreie Produkte umzutauschen. Weil das eine Kulanzleistung ist, dürfen die Händler dafür Bedingungen stellen – etwa, dass das Preisschild an der Ware bleiben muss oder man die Originalverpackung behält. Gleiches gilt für die – ebenfalls freiwillige – Garantie, die Hersteller oft für Elektrogeräte, Computer oder andere technische Geräte geben.

Vierter Irrtum: Wenn die Ware eingebaut ist, muss ich den Aus- und Einbau selbst bezahlen.

Der Albtraum: Man kauft eine Spülmaschine, baut sie in die Küche ein, und dann streikt die Maschine. Was für Küchengeräte gilt, kann aber auch bei Baumaterial passieren – etwa wenn man erst beim Fliesen bemerkt, dass diese nicht in Ordnung sind. Spülmaschinen- und Fliesenfall landeten kürzlich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), und der entschied zugunsten der Verbraucher. Händler müssen die kaputte Ware nicht nur ersetzen, sondern gegebenenfalls auch aus- und die neue wieder einbauen, wenn sich der Mangel nicht reparieren lässt und vor dem Einbau nicht erkennbar war, stellte das Gericht klar.

Fünfter Irrtum: Bei kaputter Ware muss ich die Kosten für das Einschicken zum Werk übernehmen.

„Nein“, sagt Jurist Lischke. Ist die Ware kaputt, muss der Händler das Produkt kostenlos reparieren. „Der Käufer muss weder Transportkosten zahlen noch mögliche Austauschteile“, betont der Verbraucherschützer. Das gilt für die zweijährige Gewährleistungsfrist. Bieten Hersteller oder Händler im Anschluss daran noch weitere, freiwillige Garantien an, können sie jedoch eine Kostenbeteiligung des Kunden verlangen.

Sechster Irrtum: Reduzierte Ware kann ich nicht reklamieren.

Auch das gehört zu den Märchen des Gewährleistungsrechts. Richtig ist: Auch Sonderangebote müssen in Ordnung sein. Für reduzierte Ware gelten daher dieselben Regeln wie für andere Produkte. Weist der Händler jedoch ausdrücklich auf bestimmte Mängel hin („Jeans mit Webfehlern“), kann man wegen dieser Macken später nicht reklamieren – wohl aber wegen anderer Mängel.

Siebter Irrtum: Wenn der Händler sagt, dass ich schuld bin, kann ich nichts machen.

Im ersten halben Jahr nach dem Kauf ziehen solche Vorwürfe gar nicht. Denn während der ersten sechs Monate ist der Kunde in einer sehr komfortablen Situation. Per Gesetz obliegt es nämlich dem Händler zu beweisen, dass das Gerät bei der Übergabe tadellos in Ordnung war. Das ist kaum möglich. Nach einem halben Jahr ändert sich die Beweislast jedoch. Dann muss der Kunde beweisen, dass die Ware von Anfang an fehlerhaft war.

Achter Irrtum: Mit einer Zusatzversicherung bin ich auf der sicheren Seite.

Viele Händler bieten ihren Kunden beim Kauf eine Versicherung an, die Reparaturen auch nach der Gewährleistungsfrist bezahlt. Von solchen Lösungen rät die Stiftung Warentest jedoch ab. „Oft ersetzen die Versicherer nur den Zeitwert der Ware“, heißt es im Juni-Heft von „Finanztest“. „Das ist meist nicht viel“.

Neunter Irrtum: Wenn ich ohne Grund reklamiere, bleibe ich auf den Kosten sitzen.

Wenn Sie nach bestem Wissen gehandelt haben und der Auffassung sind, dass Sie an dem Defekt nicht schuld sind, passiert Ihnen nichts, beruhigt die Stiftung Warentest ängstliche Reklamierer. Verbraucher müssen keine Technikexperten sein. Vertragliche Regelungen, die eine Abwälzung der Kosten für solche Fälle vorsehen, sind ungültig, betonen die Verbraucherschützer.

Zehnter Irrtum: Gegen eine falsche Gebrauchsanleitung kann man nichts machen.

Stimmt nicht, weiß die Stiftung Warentest. Wenn sich der gekaufte Schrank nicht aufbauen lässt, weil die Anleitung falsch ist, kann man reklamieren. Der Kunde könne nicht nur eine neue, fehlerfreie Anleitung verlangen, sondern sogar die Demontage des falsch montierten Möbelstücks. Um einen Mangel zu beheben, müsse der Verbraucher weder Aufwand noch Kosten übernehmen, stellt die Stiftung klar. Irrtum ausgeschlossen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false