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Besucher der Cebit an einem Messestand.

© dpa

Datensicherheit auf der Cebit: Künftig ein Kanzlerinnen-Handy für jedermann?

Die IT-Messe Cebit steht ganz im Zeichen des Abhörskandals um den US-Geheimdienst NSA. Alles dreht sich darum, wie Unternehmen und Privatpersonen ihre Daten besser schützen können. Und die Kanzlerin kritisiert Europa.

Von Anja Sokolow, dpa

Die IT-Industrie setzt zum Start der weltgrößten Computermesse Cebit auf neue Geschäfte wegen des NSA-Skandals. Der Datenschutz sei ein zentrales Thema für die Branche, betonte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Dieter Kempf, am Sonntag in Hannover. Die Entwickler der Technik für die abhörsicheren Handys der Bundesregierung kündigten einen Dienst mit verschlüsselten Telefongesprächen für Unternehmen und Verbraucher an. Dabei geht die Düsseldorfer Firma Secusmart mit der Technologie für sichere Sprachtelefonie eine Kooperation mit Vodafone ein. Der Dienst „Secure Call“ soll über eine App als Software-Lösung auf verschiedenen Smartphone-Plattformen laufen. Die Idee sei „ein Kanzler-Handy für alle“, sagte Secusmart-Chef Hans- Christoph Quelle. Die Partner sehen zunächst vor allem Unternehmen als Zielgruppe. Der Umgang mit Daten ist ein Leitthema der ab Montag laufenden Cebit. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte sich vor Beginn für einen gemeinsamen europäischen IT-Binnenmarkt mit striktem Datenschutz stark.

Umfragen zufolge haben die Enthüllungen um den US-Geheimdienst NSA das Misstrauen gegenüber der Datenauswertung geschürt. Bitkom-Chef Kempf wandte sich zugleich mit Nachdruck gegen einen Rückzug aus dem digitalen Leben. „Das hieße, dass wir die Menschen blind in Staus fahren lassen und einen Rückgang bei der Qualität der medizinischen Versorgung in Kauf nehmen.“ In einer Bitkom-Erhebung erklärten 59 Prozent, der NSA-Skandal habe ihre Haltung zur Datenverarbeitung negativ beeinflusst. Der Anteil der Verbraucher, denen größer werdende Datenmengen Sorgen bereiten, stieg binnen eines Jahres von 50 auf 62 Prozent. Zugleich setzen immer mehr Unternehmen in Deutschland auf die als „Big Data“ bekannte Auswertung großer Datenmengen. 31 Prozent der Firmen planen konkret, solche Lösungen einzusetzen. Bisher nutzt sie erst knapp jedes zehnte Unternehmen.

Die Cebit richtet sich in diesem Jahr erstmals ausschließlich an professionelle Anwender. An den fünf Messetagen bis Freitag werden rund 230 000 Fachbesucher erwartet – so viele wie 2013. Damals kamen allerdings noch 43 000 Privatbesucher dazu. „Die Cebit ist die einzige Veranstaltung, die die gesamte Wertschöpfungskette der Branche abbildet“, betonte Messe-Chef Oliver Frese. Partnerland ist in diesem Jahr Großbritannien – das birgt auch Konfliktstoff, weil der britische Geheimdienst GCHQ ein Partner der NSA ist.

Merkel: Europa hinkt den USA hinterher

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte am Wochenende, Deutschland wolle seinen hohen Datenschutz-Anspruch bei einer europäischen Regelung nicht aufgeben. Sie sprach sich zugleich für einen gemeinsamen digitalen Markt in Europa mit großen Unternehmen aus. Europa hinke den USA oder asiatischen Ländern hinterher. „Das heißt, wir müssen unsere Kräfte bündeln, um hier auch wirklich voranzukommen.“

Die IT-Industrie rechnet für dieses Jahr mit einem moderaten Wachstum in Deutschland. Der Umsatz in den Bereichen Informationstechnologie, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik werde um 1,7 Prozent auf 153,4 Milliarden Euro steigen, erwartet Bitkom. In China wachse das Geschäft um 11,3 Prozent und in den USA um 4,0 Prozent.

Erstmals seit 2008 kommen nach Angaben der Messe mit 55 Prozent wieder mehr als die Hälfte der rund 3400 Aussteller aus dem Ausland. Neben Deutschland ist China mit 500 Ausstellern am stärksten vertreten. Die Messe wurde am Sonntagabend von VW-Chef Martin Winterkorn und Merkel eröffnet, die dann am Montag beim Messe-Rundgang vom britischen Premier David Cameron begleitet werden sollte. Mit rund 4000 Quadratmetern hat die Deutsche Telekom den größten Messestand unter einem Himmel aus magentafarbenen Regenschirmen. Breiter Raum ist auch den 300 jungen innovativen Unternehmen gewidmet, die auf der Messe um Investoren werben können. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel wird es zudem eine Jobbörse geben. (dpa)

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