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Grund zum Feiern. Deutsche Aktien ließen 2010 europäische Papiere hinter sich.

© ddp

Aktienmarkt: Kursfeuerwerk

Der Dax ist 2010 um 17 Prozent gestiegen – und verspricht weitere Gewinne. Die Banken- und Analystenwelt ist sich ungewohnt einig: 2011 werde ein gutes Jahr für Aktien.

Es war ein gutes Jahr: Mit fast allen Anlageklassen konnten wieder ordentliche Gewinne erzielt werden. Doch 2010 zeigte sich auch, wie groß die Spanne zwischen einer guten und einer außerordentlichen Rendite sein kann. So näherten sich die Schwellenländer (Emerging Markets) mit dynamischem Wachstum und einer beeindruckenden Wertentwicklung den hoch entwickelten Märkten. Gleichzeitig präsentierten sich die europäischen Aktienmärkte gespalten.

DEUTSCHE WERTE FÜHREN

Der deutsche Leitindex Dax strotzte vor Kraft und lieferte 2010 – passend zur Realwirtschaft – ein Plus von rund 17 Prozent ab. Bis zuletzt rang er mit der Marke von 7000 Punkten. Damit hat er die meisten europäischen Märkte überflügelt. Vor allem in den sogenannten PIGS-Ländern (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien), die wegen hoher Verschuldungsraten vor enormen Problemen stehen, gingen auch die Börsen in die Knie: Griechenlands ASE-Index verlor 37 Prozent, in Spanien, Portugal und Italien bauten die Leitindizes um sieben bis 17 Prozent ab. Kein Wunder, dass auch der Euro-Stoxx 50 Federn lassen musste und das Jahr 2010 mit einem Minus von gut fünf Prozent beendete. Grund dafür ist auch, dass Europas führender Index stark finanzlastig ist: Mehr als ein Viertel der 50 Werte stammt aus der Finanz- und Versicherungsbranche, die stark von der Verschuldungskrise abgestraft wurden. Ohne die starken deutschen Zugpferde BMW, Siemens, BASF oder Daimler wäre das Minus noch deutlicher ausgefallen.

Wer 2010 auf exportlastige Unternehmen wie die Autowerte VW und BMW oder Technologiekonzerne und Maschinenbauer wie Infineon, MAN und Siemens gesetzt hatte, konnte bis zu 90 Prozent Gewinn einfahren. Die Schuldenkrise in anderen Teilen der EU befeuerte den deutschen Export noch, sorgte sie doch für einen exportfreundlichen Eurokurs. Im Jahresverlauf schwächte sich der Euro gegenüber dem Dollar um mehr als acht Prozent ab. Kostete die Gemeinschaftswährung vor einem Jahr noch 1,43 Dollar, so sind es jetzt gut 1,31 Dollar. Wer in den Dollar-Raum exportiert und dort verkauft, kann mit wettbewerbsfähigeren Preisen punkten. Dennoch: Zehn der 30 Dax-Werte schafften es 2010 nicht, das Geld der Anleger zu mehren. Vor allem die Versorger Eon und RWE, aber auch die Deutsche Bank und die Commerzbank blicken auf ein unerfreuliches Jahr mit bis zu 27 Prozent Kursverlust zurück.

Noch erfolgreicher als die Börsen-Bundesliga präsentierten sich die mittleren und kleineren deutschen Unternehmen: Der M-Dax schob sich um 35 Prozent nach vorne, 80 Prozent der Werte verzeichnen zweistellige prozentuale Kursgewinne, allen voran Pro Sieben Sat 1, Hugo Boss, Lanxess, Leoni und Tui mit 76- bis 192-prozentigem Plus. Die dritte Börsenriege im S-Dax schaffte gar 45 Prozent. 45 der 50 im Index notierten Firmen haussierten kräftig: Mit Jungheinrich, SAF Holland, Delticom und Bertrandt beherbergt der S-Dax vier Kursverdoppler, Grammer hat seinen Aktienwert 2010 sogar verdreifacht.

Trotz aller Sorgen um einen Rückfall in die Rezession, die das Jahr 2010 über weite Strecken dominierten, liegen auch alle großen US-Indizes seit Dezember 2009 satt im Plus. Zu den Gewinnen von knapp zehn Prozent im Dow Jones und knapp 20 Prozent im technologielastigen Nasdaq 100 addieren sich für europäische Anleger die Währungsgewinne im Dollar auf etwa acht Prozent. Dies gilt auch für Rohstoffe, die in Dollar gehandelt werden: Dabei brillierte Gold durchaus nicht am stärksten. Zwar ist das Edelmetall – wegen massiver Käufe der Chinesen und Inder einerseits, aus Angst vor Inflation bzw. aus Sorge um die Stabilität von Dollar oder Euro andererseits – in den letzten zwölf Monaten um 27 Prozent auf 1400 Dollar für eine Feinunze teurer geworden. Doch wer Silber, Palladium, Zinn oder Agrarrohstoffe kaufte, machte einen weit besseren Schnitt: Silber stieg 2010 um mehr als 70 Prozent, Palladium um mehr als 90, Baumwolle, Kaffee, Weizen verteuerten sich um 45 bis 100 Prozent. Auch hier war vielfach China der Treiber des Booms.

VIEL OPTIMISMUS FÜR 2011

Die Banken- und Analystenwelt ist sich ungewohnt einig: 2011 werde ein gutes Jahr für Aktien. Die UBS spricht von einem „Jahr der Aktien“, der Bankkonzern Dexia von einer „unterschätzten Anlageklasse“, die 2011 wiederentdeckt werde. Crédit Suisse rät dazu, Aktien überzugewichten und glaubt, dass die Anlageklasse quer über alle Märkte im Schnitt um 13 Prozent zulegen werde. Vor allem langfristig orientierte Investoren hätten noch einen hohen Anleihe- , dafür aber einen geringen Aktienanteil im Depot. Die Aktienquote der 730 Milliarden Euro schweren deutschen Lebensversicherer etwa liegt bei rund drei Prozent. Gleichzeitig seien Aktien, gemessen an den Gewinnen und im Vergleich zu anderen Assetklassen, „in den letzten 25 Jahren selten so billig gewesen wie jetzt“, heißt es beim Bankhaus Nomura. Die Deutsche Bank hingegen sieht zwar 2011 ein Wachstum von weltweit vier Prozent, gute fundamentale Bedingungen, eine großzügige Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken und moderate Inflationsraten in den Industrieländern von maximal zwei Prozent. Gleichzeitig könne 2011 aber zu einem „Jahr der Weichenstellungen“ werden, vor allem in der Geld- und der Fiskalpolitik, glaubt Helmut Kaiser, globaler Chefanlagestratege. Die Bank rät Anlegern daher, auf eine flexible Geldanlage zu achten.

„Das Risiko der Aktienanlage wird so gut entlohnt wie seit 20 Jahren nicht mehr“, glaubt Jens Wilhelm, Vorstand bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Für chancenreich hält Wilhelm vor allem den europäischen Aktienmarkt, wo viele Aktien 2010 gegen den globalen Trend Verluste hinnehmen mussten. Insgesamt könne der Anleger mit Aktiengewinnen von rund acht Prozent rechnen.

Uneinig sind sich die Banken bei der Prognose für den Dax: Während das Analysehaus Silvia Quandt davon ausgeht, dass der Index über 9000 Punkte steigen könnte, wagen sich die meisten Profis nicht weit aus der Deckung. Einzig die Commerzbank und BNP Paribas sehen den Dax in der Nähe oder gar über seinem alten Allzeithoch vom 13. Juli 2007 bei 8152 Punkten. Die Strategen der französischen Großbank BNP Paribas erwarten extreme Stimmungswechsel an den Märkten. Die Deutsche Bank sieht beim Dax eine Grenze bei 7400 Punkten. Bei Goldman Sachs, die weder für den Dax noch für den Dow eine Prognose abgeben möchten, heißt es lapidar: „2010 war aufregend mit Risiken, 2011 wird mehr davon bringen.“

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