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Wirtschaft: Kurzarbeit verhindert Flutentlassungen

Arbeitsämter in den Hochwasserregionen registrieren bisher keine nennenswerten Stellenkürzungen

Berlin/Döbeln (alf/shr). Die Zerstörungen durch das Hochwasser haben bislang nicht zu nennenswerten Entlasssungen geführt. Die Arbeitsämter in Sachsen-Anhalt und Sachsen registrieren dagegen deutlich mehr Anträge auf Kurzarbeitergeld. „Wir haben aber nicht signifikant mehr Arbeitslose“, sagte der Sprecher des Landesarbeitsamtes Sachsen auf Anfrage. So ähnlich stellt sich auch die Lage in Sachsen-Anhalt dar, wo mindestens 4000 Unternehmen vom Hochwasser betroffen sind.

Anstatt die Mitarbeiter zu entlassen, werden sie auf Kurzarbeit geschickt. Auf diesen Nenner bringen die von dieser Zeitung befragten Arbeitsämter die beschäftigungspolitische Bilanz der Flutkatastrophe. Rund 900 Firmen mit 10000 Beschäftigten haben inzwischen bei den Arbeitsämtern in Sachsen-Anhalt Kurzarbeit beantragt. Im sächsischen Döbeln, einem Städtchen mit etwa 23000 Einwohnern, belaufen sich allein die Schäden bei den ortsansässigen Betrieben auf rund 70 Millionen Euro.

Klaus Liedke, Hauptgeschäftsführer des sachsen-anhaltinischen Arbeitgeberverbandes, glaubt, dass die Unternehmen bei dieser Linie bleiben können. Er erhofft sich alles in allem einen „positiven Effekt“ von den Wiederaufbaumaßnahmen. Die Wirtschaft sei „eher optimistisch“. Der Aufbruchstimmung, die Liedke seit dem Regierungswechsel in Magdeburg beobachtet, habe auch die Flut nicht geschadet. Ähnlich äußert sich der Sprecher des sächsischen Unternehmerverbandes. Von Resignation sei nichts zu merken, Entlassungen seien die Ausnahme. Auch, weil es in den jungen, kleinen Firmen eine enge Beziehung zwischen Belegschaft und Geschäftsleitung gäbe und nun alle gemeinsam an den Wiederaufbau gingen.

Dass Entlassungen ausbleiben, hängt jedoch vor allem mit der Kurzarbeit zusammen. Allein im Bezirk Pirna rechnet das Arbeitsamt mit rund 10000 Kurzarbeitern. Das von den Arbeitsämtern gezahlte Kurzarbeitergeld ist so hoch wie das Arbeitslosengeld.

Da die Bundesregierung in zwei Punkten die Kurzarbeiterregelung für die Flutopfer modifiziert hat, ist es für die Betriebe attraktiver geworden. Zum einen übernimmt der Bund auch die Sozialversicherungsbeiträge, die sonst der Betrieb abführen müsste. Zum anderen wurde das Berufsbildungsgesetz geändert. Normalerweise muss ein Ausbildungsbetrieb gewährleisten, dass die Ausbildung fortgesetzt wird, der Azubi bekommt entsprechend sein Lehrgehalt. Durch die Änderung des Gesetzes können aber nun die Azubis auch Kurzarbeitergeld bekommen, wenn die Ausbildung nicht möglich ist.

Wer Kurzarbeitsgeld bezieht, darf nicht arbeiten. Aber Aufräumen ist gestattet. Allerdings, räumt Claus Welz, Sprecher des sächsischen Arbeitsamtes ein, ist die Kontrolle kaum möglich. Inbesondere in der Landwirtschaft sei es „sehr schwierig zwischen Aufräumen und Aufbauen“ zu unterscheiden. Anders gesagt: Die Bezieher von Kurzarbeitergeld dürfen zwar Wiesen und Felder säubern, aber nichts pflanzen.

Straßen kosten 1,3 Milliarden Euro

Unterdessen teilte der ADAC mit, der Wiederaufbau von Straßen und Brücken werde bis zu 1,2 Milliarden Euro kosten. Bis zu einem halben Jahr werde vergehen, bis die schlimmsten Schäden am Straßennetz beseitigt seien. Drei Jahre veranschlagt der ADAC, um die Infrastruktur komplett instand zu setzen. In dieser Zeit müssten sich die Autofahrer auf Behinderungen einrichten. Die größten Schäden sind an Bundes-, Staats-, Landes- und Kreisstraßen entstanden. Derzeit nicht realistisch einschätzbar sind nach Angaben des ADAC die Schäden an den Versorgungsleitungen im Untergrund der Straßen.

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