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Wirtschaft: Kurze Ära, blendende Zahlen

Siemens steht so gut da wie lange nicht mehr

München - April 2005: Siemens hat die Presse in Lissabon versammelt, um die Halbjahreszahlen zu erläutern. Eigentlich reine Routine. Doch da verblüfft der neue Konzernchef Klaus Kleinfeld die Journalisten mit einem Versprechen: „Ich stehe persönlich dafür ein, dass alle Unternehmensteile innerhalb der nächsten 18 bis 24 Monate auf Linie sind.“

Es ist ungewöhnlich, dass ein Manager seinen eigenen Abgang in Aussicht stellt, falls sein Unternehmen schlechter als geplant abschneidet. Gerade für Siemens, denn in den Jahren zuvor hatten die einzelnen Sparten ihre vom Vorstand gesetzten Ziele regelmäßig verfehlt – ohne dass dies Konsequenzen gehabt hätte; weder für die Bereiche noch für den Vorstandschef. Denn schon im Jahr 2000 hatte Kleinfelds Vorgänger Heinrich von Pierer sämtlichen Sparten Renditevorgaben gemacht. Trotzdem lag im Frühjahr 2005 fast die Hälfte der Einheiten weit darunter.

Zwei Jahre später zeigt sich: Kleinfeld hat sein Versprechen von Lissabon gehalten. Siemens steht rein wirtschaftlich blendend da: Nach Steuern legte der Gewinn im ersten Quartal um mehr als ein Drittel auf 1,26 Milliarden Euro zu. Der Umsatz wuchs um ein Zehntel auf 20,6 Milliarden Euro. Analysten sind überzeugt, dass der Konzern seine Ziele erreicht hat, wenn er heute die Halbjahreszahlen vorlegt. „Wir gehen davon aus, dass Siemens seine Margenziele im Großen und Ganzen erfüllt“, urteilen die Experten von JP Morgan.

Die Analysten schätzen, dass nur drei von zehn Bereichen ihre Vorgaben nicht erfüllen. Doch auch Sorgenkinder wie der IT-Dienstleister SBS oder die Verkehrstechnik stehen besser da als 2005.

Doch die Art und Weise, wie Kleinfeld den Konzern auf Linie gebracht hat, ist umstritten. Das defizitäre Handygeschäft verschenkte er an BenQ. Trotzdem kam nach einem Jahr die Pleite, 3000 Jobs gingen verloren. Den angeschlagenen Kommunikationsbereich brachte er in ein Gemeinschaftsprojekt mit Nokia ein, weil Siemens es allein nicht schaffte. Kommunikation ist das Kerngeschäft von Siemens. Andere schwächelnde Einheiten hat der Manager zerschlagen oder verkauft. Mitarbeiter klagen nun über das Ende der Siemens-Familie, des engen Verhältnisses von Management und Belegschaft. Gestern gingen Siemensianer auf die Straße, um gegen Werksschließungen der Autosparte VDO zu protestieren. Das Geschäft soll an die Börse gebracht werden.

Parallel zum internen Umbau hat Kleinfeld Milliarden für Zukäufe ausgegeben. Das Geld floss vor allem in Unternehmen der Medizintechnik, in die Windkraft und in die Wasseraufbereitung – Gebiete, die er für zukunftsträchtig hält.

Dass Siemens heute weit davon entfernt ist, den Erzrivalen General Electric einzuholen, liegt daher weniger am eigentlichen Geschäft, sondern eher am Bestechungsskandal und dem Führungschaos. Analysten wie Bernd Laux von der Bank Chevreux raten Aktionären, ihre Anteile zu verkaufen und Gewinne mitzunehmen. Denn es sei unklar, wie die Strategie des neuen Chefs sein werde. jojo/HB

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