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Wirtschaft: Landerwerb im Osten liegt brach

BERLIN (chi).Dem Landverkauf im Osten droht ein herber Rückschlag.

BERLIN (chi).Dem Landverkauf im Osten droht ein herber Rückschlag.Auch zwei Wochen nachdem die EU-Kommission den verbilligten Verkauf der Äcker und Wälder für teilweise unzulässig befand und das Bundesfinanzministerium das Programm stoppte, ist offenbar völlig unklar, wie es weitergehen soll und welche Verträge rückgängig gemacht werden müssen.Sowohl im verantwortlichen Finanzministerium in Bonn als auch bei der für den Verkauf zuständigen, bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) in Berlin hält man sich bedeckt.Die 73seitige Begründung der EU-Kommission liege noch nicht vor, alle Voraussagen seien daher "pure Spekulation", sagt der Sprecher der BVVG-Geschäftsführung Walter Priesnitz.

Deutlicher wurde unterdessen Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke: "Wir brauchen ein neues Gesetz", sagte er dem Tagesspiegel.Dieses zu formulieren und zu verabschieden, müsse "nicht lange dauern" und sei vernünftiger als vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen.Details wollte er nicht nennen, aus Regierungskreisen verlautete allerdings, daß überlegt werde, die Verbilligung fortzusetzen, allerdings auf niedrigerem Niveau.

Sicher scheint nur eines: Das Finanzministerium wird sich 1999 mit bescheideneren Erlösen aus dem Land- und Waldverkauf zufrieden geben müssen.Für 1998 hat die BVVG dem Eigentümer Bund immerhin 400 Mill.DM an Nettoerlösen überwiesen, nach 320 Mill.DM im Jahr zuvor - alles in allem hat der Bund bislang rund 2,5 Mrd.DM durch Verkauf und Verpachtung der zwischen 1945 und 1959 enteigneten land- und forstwirtschaftlichen Flächen erlöst.

BVVG-Geschäftsführer Priesnitz versucht vorerst, zu beruhigen.Für die Landwirte im Osten werde sich unmittelbar nichts ändern, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag abend in Berlin.Über 90 Prozent der 1,1 Mill.Hektar Äcker und Grünflächen seien langfristig verpachtet.Zudem habe die EU-Kommission den verbilligten Verkauf nicht insgesamt beanstandet.Gerügt wurde lediglich der Verkauf an sogenannte Neueinrichter, also Landwirte, die erst nach der Wende einen eigenen Betrieb starteten, nicht aber der Verkauf an frühere Eigentümer (Wiedereinrichter) oder an LPG-Nachfolgebetriebe, die einen ehemaligen Eigentümer in ihrem Gesellschafterkreis aufweisen können - und das können laut Priesnitz die meisten.Betroffen sind also vor allem die rund 1000 Neueinrichter, wovon 225 schon Kaufverträge mit der BVVG geschlossen haben.

Für sie könnte der Landerwerb nun teuer werden.Durchschnittlich rund 14 500 DM je Hektar erzielte die BVVG beim regulären Verkauf der Äcker, der verbilligte Preis lag dagegen nur bei 3460 DM.Unklar ist, wieweit jene Neueinrichter, die bereits gekauft haben, nun nachzahlen müssen.Schlecht dürfte es für jene Verträge aussehen, die eine Klausel über mögliche Nachzahlungen enthalten - bei den Neueinrichtern ist das etwa die Hälfte.Für die übrigen ist Priesnitz zuversichtlich: "Nach deutschen Recht können diese Verträge kaum aufgelöst werden".Und im Bundesfinanzministerium hieß es: "Wir halten an dem Ziel fest, den Pächtern und Alteigentümern die bisherigen Erwerbsmöglichkeiten zu erhalten".

Insgesamt hat die BVVG bislang von den 1,1 Mill.Hektar landwirtschaftlicher Flächen rund 56 000 Hektar verkauft, davon 42 000 begünstigt.Beim Wald sieht die Bilanz besser aus: Von den knapp 650 000 Hektar wurden schon 225 000 verkauft.Das laufende Jahr werde der BVVG "nicht so viel Freude bringen", sagte Priesnitz.Um doch die nötigen Erlöse zu erwirtschaften, will die Behörde nun den regulären Verkauf, sowie jenen von Gütern, Bauland und Naturschutzflächen forcieren.Immerhin hat sich die BVVG zu einer verkaufsfördernden Maßnahme entschlossen: Seit Montag ist sie im Internet zu finden, unter der Adresse: "http://www.bvvg.de".

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