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Sonnleitner

© dpa

Landwirte: "Zorn im Herzen"

Die Bauern sehen sich beim Konjunkturpaket benachteiligt. Dafür kündigt Brüssel Hilfe bei der Milch an.

Berlin - Die Bauern fühlen sich durch das neue Konjunkturpaket der Bundesregierung benachteiligt. „Ich habe Zorn in meinem Herzen, wenn ich sehe, dass die, die die Misere verursacht haben, mit Abermilliarden-Beträgen entlastet werden “, sagte Gerd Sonnleitner, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, kurz vor Eröffnung der Grünen Woche in Berlin. „Ich hätte gedacht, dass auch den Landwirten unter die Arme gegriffen wird.“ Denn anders als die Manager hafteten die Bauern persönlich, „bis zum letzten Hektar“, für ihr unternehmerisches Handeln. Die neue Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) habe sich zwar beim Aushandeln des neuen Konjunkturpaketes für die Bauern engagiert, er habe aber „mehr erwartet“, sagte Sonnleitner. Milliardenbeträge für die Landwirte werde er nicht fordern, bekräftigte Sonnleitner erneut. Allerdings erwarte er „Wettbewerbsgleichheit“.

Mehr Kritik an Aigner wäre auch noch nicht dringewesen. Die Nachfolgerin von Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU), die ihre erste Grüne Woche als Ministerin erlebt, war am Donnerstag erst den 76. Tag im Amt. Die Schonfrist für neue Minister endet gewöhnlich erst nach 100 Tagen. Und damit deutlich nach der weltgrößten Ernährungsmesse, die am Donnerstagabend (bis 26. Januar) in den Berliner Messehallen eröffnet wurde.

Allerdings hatte Aigner bislang auch nicht viel Grund zur Klage gegeben. Sie setzt den ausgesprochen bauernfreundlichen Kurs ihres Vorgängers Seehofer fort. Im vergangenen Herbst hatte sie – noch ganz frisch im Amt – in Brüssel einen Milchfonds für die deutschen Bauern durchgedrückt. Er sieht Ausgleichszahlungen dafür vor, dass die Milchbauern in den nächsten Jahren stufenweise aus der Quote und in die Marktwirtschaft entlassen werden. Angesichts des derzeitigen Preisverfalls für Milch und andere Molkereiprodukte will Aigner darauf dringen, dass das Milchgeld früher fließt als geplant, wie sie am Donnerstag ankündigte. Eigentlich sollen die Mittel erst ab 2010 bereitstehen.

Den Bauern dürfte das gefallen haben. „Die jetzige Durststrecke bei den Preisen werden wir nicht lange durchhalten können“, klagte Sonnleitner. In den Discountern kostet die Literpackung Vollmilch derzeit nur 55 Cent. Die Bauern bekommen teilweise weniger als 30 Cent für die Milch. Um kostendeckend arbeiten zu können, fordern sie 43 Cent pro Liter.

Aus Sorge, dass auch die Exporte unter der weltweiten Rezession leiden könnten, forderte Sonnleitner Aigner auf, sich in Brüssel für kurzfristige Exportbeihilfen bei Milch und Fleisch einzusetzen. Er stelle sich „kurzfristige Überbrückungshilfen“ für Ausfuhren in Länder vor, die wegen des derzeit starken Euro auf die Idee kommen könnten, ihre Produkte künftig im Dollarraum günstiger einzukaufen, erläuterte er.

Nicht nur in Berlin, auch in Brüssel scheint der Hilferuf angekommen zu sein. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel kündigte am Donnerstag neue Exportbeihilfen für Vollmilch- und Magermilchpulver, Butter und Käse an. Eine Summe nannte sie nicht. Erst vor eineinhalb Jahren waren die Exportbeihilfen für die Agrarwirtschaft abgeschafft worden. Sie sind umstritten, weil durch die künstliche Verbilligung der Ausfuhren Agrarmärkte in Drittweltländern geschwächt werden. „Wir müssen jetzt etwas tun“, sagte Fischer Boel in Berlin. „Die Heftigkeit des Preisverfalls von Milch in den letzten Monaten hat viele überrascht.“ Die Wirtschaftskrise habe zu einer weiteren Verschlechterung beigetragen. Die Dänin zeigte sich zudem offen, für den geplanten Milchfonds bereits in diesem Jahr Geld bereitzustellen und nicht erst 2010. Der Deutsche Bauernverband bewertete die Pläne positiv. „Dass die Kommission so schnell reagiert hat, ist ein gutes Zeichen für den Markt und für die Erzeuger“, sagte ein Sprecher. Auch Agrarministerin Aigner sprach von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Die Milchbauern dürften in der jetzigen Situation nicht alleine gelassen werden.

Bislang konnten sich die Bauern über mangelnde Unterstützung nicht beklagen. Die EU-Agrarpolitik verschlingt jährlich mehr als 42 Milliarden Euro. Rund sechs Milliarden davon fließen nach Deutschland. mit dpa

Maren Peters

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