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Das Übel an der Wurzel. Die brandenburgischen Felder sind der Hitze schutzlos ausgeliefert.

© dpa

Landwirtschaft: Ein Fünftel der Ernte gefährdet

Erst der kalte Winter, jetzt die Tropenhitze: Die Bauern in Deutschland fürchten um ihre Ernte. Bei Weizen, Roggen und Mais sieht es schlecht aus.

Berlin - Aufgrund der extremen Hitze und Trockenheit rechnen sie mit Ernteausfällen von zehn bis zwanzig Prozent der durchschnittlichen Erträge. Die geerntete Getreidemenge wird nach Angaben des Landesbauernverbandes Brandenburg (LBV) um 600 000 Tonnen geringer ausfallen als im Vorjahr. Damit dürfte die Erntemenge von Getreide in Brandenburg in diesem Jahr 2,1 Millionen Tonnen betragen, schätzt der Verband. Bundesweit wird der Rückgang mit 45 Millionen Tonnen ebenfalls auf bis zu zwanzig Prozent beziffert.

Als Ursache nennt der LBV die Unbeständigkeit des Wetters. Schon im vergangenen Herbst seien die Saatbedingungen wegen des vielen Regens nicht optimal gewesen. Darauf folgte ein langer, harter Winter und ein deutlich zu kaltes Frühjahr. Unbeständig seien auch die Niederschläge gewesen: kaum Regen im April, viel zu viel im Mai und seit Juni fast kein Regen mehr.

Die Bauernregel „Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun’ und Fass“ scheint sich dieses Jahr nicht zu erfüllen. Malte Voigts, Geschäftsführer der Rhinland-Agrargesellschaft im brandenburgischen Kremmen, bedauert das. Er befürchtet in seinem Betrieb 15 Prozent weniger Ernteerträge als im Vorjahr. „Aufgrund des vielen Regens im Mai sind wir optimistisch in die Ernte gestartet“, sagt der Landwirt. Für ihn ist die Lage ernst, aber nicht aussichtslos. „Die Natur gleicht eine ganze Menge aus. Irgendwann müssen Niederschläge kommen, es kann ja nicht ewig so weitergehen.“

Am stärksten betroffen seien Weizen und Roggen. Beim Mais sehe es ähnlich schlecht aus. „Nur wenn wir jetzt in ausreichendem Maße Niederschlag bekommen, kann sich der Mais erholen.“ Mais ist für Voigts eine sehr wichtige Ressource: Auf seinem Hof gibt es auch Milchkühe – und Mais ist ein wesentlicher Bestandteil der Futterration. „Wir berechnen die Menge an Futter, die wir für unsere Kühe brauchen, und bauen danach die Maisfelder an“, erklärt Voigts. Gäbe es hier Ernteausfälle, so würde er energiereiches Futter einkaufen müssen.

Ein weiteres Problem ist die mangelhafte Qualität des Getreides. Ein Sprecher des LBV bestätigt, dass die Qualität „durch die Bank als schlecht eingestuft“ wird. Das Korn hatte dieses Jahr nicht genug Zeit, sich voll auszubilden. Das Ergebnis dieser schlechten Wuchsbedingungen ist das sogenannte Kümmerkorn, das nun einen höheren Anteil an der Ernte hat. Getreide wird aber nach Qualität bezahlt. Dadurch entstehen den Landwirten ebenfalls Mindereinnahmen.

Viele Bauern hoffen nun auf höhere Erzeugerpreise, berichtet der Landesbauernverband Brandenburg. Die Preise seien im Vergleich zum Vorjahr um 20 bis 25 Prozent gestiegen, ein Anzeichen, das optimistisch stimmen könnte. Ursachen für diese Preisentwicklungen seien der schwache Euro und Dürren in Russland, der Ukraine und China. Der Sprecher des Verbands hofft, dass die geringeren Einnahmen durch den höheren Weltmarktpreis ausgeglichen werden können.

Wie sich die Situation auf die Verbraucher auswirkt, könne man noch nicht genau absehen, teilt der Handelsverband Deutschland mit. Allerdings reagiere der Lebensmittelmarkt in Deutschland sehr direkt auf Veränderungen. Gebe es eine witterungsbedingte Verknappung der Rohstoffe, führte dies zu einer Erhöhung der Preise. Voreilige Preiserhöhungen sollten Händler allerdings unterlassen – falls der Bäcker um die Ecke den Brotpreis drastisch anhebt, sollte der Kunde wissen: Der Anteil des Getreidepreises an einem Brot beträgt nach Angaben des Deutschen Bauernverbands nur vier bis fünf Prozent.

Patrick Weber

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