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Lebensmittel: Einen Mc Halal, bitte

Der Markt für islamkonforme Lebensmittel wächst – auch in Deutschland.

Berlin - Jeden Samstag erledigt Familie Özdemir ihren Wocheneinkauf. Bevor es zum türkischen Gemüseladen geht, schaut die Familie beim Discounter vorbei. Ein Einkauf dort steckt aber voller Risiken, denn die muslimische Familie will Produkte, die halal sind.

„Halal“ ist arabisch und bezeichnet Dinge, die der Islam erlaubt. Bei Speisen gilt es strenge Vorschriften zu beachten. Nur geschächtetes Fleisch lässt der Islam zu; nach der rituellen Tötung müssen die Tiere ausbluten. Schweinefleisch ist tabu. In pflanzlichen Produkten dürfen keine Alkoholreste oder Schweine-Gelatine enthalten sein. Das zu garantieren ist manchmal gar nicht so einfach: Die meisten Maschinen, die bei der Verarbeitung eingesetzt werden, kommen mit mehreren Fleischarten in Berührung. Entsprechend gut müssen die Maschinen gereinigt werden. Die Putzmittel wiederum dürfen keine Alkoholreste hinterlassen.

Trotzdem finden sich immer häufiger in deutschen Regalen Produkte, die den islamischen Speisevorschriften entsprechen. So vertreibt Aldi Nord Halal-Geflügel von „Bauernglück“ – Extra, Rewe oder Edeka verkaufen islamisch unbedenkliche Produkte von Wiesenhof. Und viele Hersteller wie Musna, Gazi oder Pfanni führen islamisch korrekte Produkte, die als halal gekennzeichnet sind.

Welches Potenzial im Halal-Markt steckt, zeigt ein Blick über Deutschland hinaus. Experten rechnen damit, dass im kommenden Jahr allein in Europa der Umsatz auf 46 Milliarden Euro steigen wird. In Ländern wie Großbritannien und Frankreich machen Unternehmen bereits heute große Gewinne mit Produkten, die für Muslime unbedenklich sind. Jüngstes Beispiel der Halal-Offensive ist die Fastfood-Kette Quick. Sie testet in acht Restaurants in Frankreich Halal-Burger. Mit Erfolg: Laut Medienberichten ist in einer Filiale bei Lyon der Umsatz um 30 Prozent gestiegen.

Auch deutsche Muslime wären gern sicher, ob Produkte, die sie kaufen, halal sind, meint Mahmoud Tatari. Der Geschäftsführer des größten Zertifizierers in Deutschland, Halal Control, will diese Sicherheit vermitteln. „Mit unseren Zertifikaten garantieren wir, dass die Produkte den Anforderungen des Islam entsprechen.“ Viele deutsche Unternehmen ließen sich auch zertifizieren, um ins Ausland exportieren zu können, sagt Tatari. „Länder wie Indonesien und Malaysia schreiben Halal-Zertifikate zwingend vor.“ So richtig geheuer ist vielen deutschen Unternehmen die Sache mit den islamischen Vorschriften aber offenbar nicht. Im Inland wollen sie oft nicht mit Halal-Logos werben. Sie lassen das Gütesiegel oft weg, obwohl ihre Produkte den islamischen Vorschriften entsprechen.

Besonders heikel ist islamisch konformes Fleisch, denn Tierschützer sehen im Schächten eine Tierquälerei. „Es gibt drei ganz große deutsche Wurstverarbeiter, die sich bei uns haben zertifizieren lassen“, erzählt Yavuz Özoguz, Geschäftsführer des Halal-Zertifizierers M-Haditec. Das geschächtete Fleisch bezögen sie aus dem Ausland. Die Namen der Unternehmen will Özoguz nicht nennen, denn die Wurstverarbeiter fürchten Proteste nichtmuslimischer Kunden. „Die Wurstverarbeiter verkaufen an Unternehmen weiter, die die Produkte selber vermarkten. Sie nutzen auch eigene Halal-Logos.“ Özoguz glaubt, dass das Versteckspiel der Unternehmen bald ein Ende haben wird. „In fünf Jahren sieht das ganz anders aus.“

Hinweise darauf gibt es in der Tat. Denn auch Unternehmen, die bisher vorwiegend Halal-Produkte für islamische Länder hergestellt haben, wollen ins deutsche Geschäft einsteigen. „Wir beobachten den deutschen Markt sehr intensiv“, sagt ein Sprecher von Nestlé, dem weltweit größten Lebensmittelhersteller. Nestlé führt seit den 80er Jahren Halal-Versionen von Produkten wie Kit Kat, Smarties, Maggi-Suppen, Milo oder Nescafé.

Die Familie Özdemir hat also gute Chancen, in Zukunft noch mehr islamisch unbedenkliche Produkte in den Regalen zu finden. Vielleicht können sie sich bald den Weg zum türkischen Gemüseladen sparen. Mehmet Ata

Mehmet Ata

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