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Wirtschaft: Lernwerk hilft Lehrenden und Lernenden

BERLIN ."Es fing damit an, daß wir alle keine Arbeit hatten", sagt Swantje Bekker.

BERLIN ."Es fing damit an, daß wir alle keine Arbeit hatten", sagt Swantje Bekker."Und dabei wollten wir unglaublich gern arbeiten." Vor vier Jahren war die damals 28jährige Lehrerin für Kunst und Biologie nach Berlin gekommen, da in Kiel der Arbeitsmarkt für Lehrer schon dicht war.Sie hatte "große Hoffnungen" auf einen Arbeitsplatz in Berlin, immerhin konnte sie ein sehr gutes Examen vorweisen.Doch die Hoffnungen erfüllten sich nicht.Ein Jahr lang war sie arbeitslos.Irgendwann besann sich die Frau darauf, was sie schon immer machen wollte: Eine Schule gründen, wo sowohl Schüler als auch Lehrer "mit Freude arbeiten, eine Gemeinschaft entsteht und die Atmosphäre schön ist."

Aus dem Traum ist im Januar diesen Jahres die Bekker Lernwerk GbR geworden: Zwar keine Schule, dafür ein Ort, wo Kinder nachmittags oder in den Ferien lernen und Eltern und Lehrer sich fortbilden können; die Beschreibung Nachhilfeinstitut lehnt Bekker ab.In einem Einfamilienhaus in der Zehlendorfer Glockenstraße üben neben Bekker elf Honorarkräfte mit Schülern.Auf spielerische Art, mit Projekten, sollen die Kinder an die Fächer herangeführt werden, in denen sie Probleme haben.In einem der vier Räume sitzen drei Kinder um einen Tisch, mit Stiften, bunten Karteikarten, einem großen selbstgemalten Spielbrett.Sie sind dabei, sich Grammatikfragen für die Kärtchen auszudenken, die man ziehen muß, wenn man beim Spiel auf bestimmte Felder kommt.In einem Nebenraum haben zwei Jungen und ein Mädchen einen Basiskurs, in dem sie das Lernen lernen sollen, etwa herausfinden, was für ein Lerntyp sie sind.Heute ist eine Heilpraktikerin da, die ihnen Entspannungsmethoden beibringt.Eine Möglichkeit: zwei Kugeln in einer Handfläche kreisen zu lassen.Die Kinder probieren es gleich aus."Wir versuchen von allen Seiten an Schulprobleme heranzukommen", erklärt die Lernwerk-Gründerin.Die Frau mit den ruhigen Gesichtszügen kommt bei ihren Kunden an: Die Kinder duzen sie jedenfalls.Auf den Tischen stehen Kerzen, Getränke und Kekse, Bilder hängen an den Wänden.Die Lehrer sind geduldig.

Die Mehrheit der angestellten Honorarkräfte waren arbeitslos, viele von ihnen fertige Lehrer, aber auch eine Chemikerin und eine Landschaftsarchitektin sind dabei.Gerade für die Lehrer sei es gut, "drin zu bleiben" und sich neue Techniken anzueignen, sagt Bekker.Eine Mitarbeiterin, Katharina Wolf, erklärt: "Zur Zeit ist die Situation in Berlin sehr schwierig, weil es einen absoluten Einstellungsstopp bei den Schulen gibt." Die Arbeit im Lernwerk sei eine gute Chance, wieder in den Beruf einzusteigen.

Anschließend sprachen Schwester und Bruder "frohen Mutes" bei verschiedenen Banken vor, hörten aber immer wieder, trotz all des Geredes um Existenzförderung, immer nur ein skeptisches "Wat wolln Se?" Eine Bankfiliale in Weißensee gab schließlich einen Kredit; Kapital steuerte auch ein Bekannter bei, dem Bekker bei einer Vernissage von der Idee berichtete und der offenkundig angetan war.Beim Renovieren und Einrichten halfen Freunde; Einrichtungsgegenstände steuerten Unternehmen bei.

Neun Monate nach der Öffnung des Lernwerkes bewege man sich noch am untersten Rand, sagt die Lernwerk-Gründerin.Es gehe langsam in die Richtung, "daß wir davon leben können", so Bekker.Bald könne man eine feste Halbtagskraft einstellen.Vor allem über Mundpropaganda habe sich die Nachfrage ganz gut entwickelt.

KAREN WIENTGEN

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