zum Hauptinhalt
Auf der Last Minute Börse in Berlin können Suchende noch Lehrstellen für das kommende Jahr finden.

© dpa

Ausbildungsplätze: Letzte Chance für Lehrlinge

Auf der Last-Minute-Börse für Ausbildungsplätze in Berlin bieten 50 Firmen noch bis Donnerstagabend Lehrstellen an.

„Ich habe 25 Bewerbungen für eine Ausbildung zur Altenpflege verschickt, wurde aber nur von einem Betrieb zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen“, sagt die 24-jährige Chantal Malone. Sie besucht am heutigen Mittwoch mit ihrer Freundin Nikolina Ivancev die Last-Minute-Börse für künftige Lehrlinge auf Einladung der Bundesagentur für Arbeit. Jugendliche, die trotz Beginn des Ausbildungsjahres noch auf der Suche nach einer Lehrstelle sind, können sich noch bis zu diesem Donnerstag in den Station-Hallen in der Luckenwalder Straße in Kreuzberg bei 50 ausstellenden Unternehmen über freie Ausbildungsplätze informieren.

Beratungsgespräche auf der Last-Minute Börse

40 Experten der Bundesarbeitsagentur bieten zudem Beratungsgespräche an. „Ich habe gerade mit einem Berater meine Bewerbungsunterlagen angeschaut, er hat meine Zeugnisnoten begutachtet und mir Tipps gegeben, wofür ich mich alternativ bewerben könnte“, erklärt Chantal Malone. Sie habe sich nun wegen ihrer guten Englischkenntnisse als Hotelfachfrau bei vier Ausstellern vorgestellt – und von allen eine Einladung zum Bewerbungsgespräch bekommen.

Auch Beko Baddali kennt das Gefühl, wenn es von Ausbildungsbetrieben nur Absagen gibt. „Meine große Hoffnung ist deshalb, hier auf der Börse eine geeignete Lehrstelle zu finden.“ Seine Bewerbungsunterlagen hat er gut in einer wasserfesten Plastiktüte verstaut, er trägt Hemd und Sakko. „Meine Traumausbildung wäre die zum Kfz-Mechaniker. Ich bin aber auch für Alternativen offen.“

Breitgefächertes Lehrstellenangebot

Über andere Möglichkeiten nachdenken, dazu rät auch Jutta Cordt, Geschäftsführerin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Top10 der Wunschberufe bei Jugendlichen seit vielen Jahren gleich ist.“ Noch sei es nicht zu spät, sich zu bewerben, sagt Cordt. Einige Betriebe stellten ihre Azubis auch zum ersten November ein.

Die Börse wird von der IHK, der Handwerkskammer und der Arbeitsagentur ausgerichtet. Alle 50 vertretenen Arbeitgeber, beispielsweise aus den Bereichen Gesundheit, Logistik, Handwerk und Bau oder Handel, suchen noch Azubis. Zusätzlich werden an „Jobwalls“ weitere 600 Stellen beworben. Die Jugendlichen können vor Ort Bewerbungsfotos machen lassen, sich im Styling beraten oder in Containern von Beratern einen Bewerbungsmappen-Check durchführen lassen. Die Bundesagentur hat alle 6500 gemeldeten Ausbildungsplatzsuchenden zu der Lehrstellenbörse eingeladen, erwartet werden rund 2000 Besucher.

Noch rund 4500 unbesetzte Lehrstellen

Trotz der hohen Zahl der noch nicht Vermittelten bieten Berliner Unternehmen noch rund 4500 Lehrstellen für das Ausbildungsjahr 2015. „Die Wirtschaft legt sich ordentlich ins Zeug, das Ausbildungsplatzangebot ist so hoch wie seit Jahren nicht, sagt IHK-Geschäftsführer Jan Eder. Dennoch räumt er ein, dass die Nachfrage der Bewerber gesunken sei. „Die IHK muss bei der passgenauen Vermittlung besser werden.“ Es gibt Projekte wie „IQ hoch Zwei“, das sechs- bis zehnmonatige Praktika vermittelt, die zur Ausbildungsübernahme führen könnten. „Wir machen Speed-Dating zwischen Unternehmern und Bewerbern bis zum Schluss“, sagt Handwerkskammergeschäftsführer Ulrich Wiegand. „Wir kämpfen um jeden abgeschlossenen Ausbildungsvertrag.“

Keine Motivation, fehlende Bewerbungsunterlagen

Dennoch: „Die Berufswünsche der jungen Leute passen häufig nicht zu den Angeboten der Arbeitgeber“, sagt Jutta Cordt von der Arbeitsagentur. Laut IHK finden 65 Prozent der Betriebe keine geeigneten Bewerber. „Wir bieten in der Ausbildung zum Systemgastronom vier Plätze in Berlin – besetzen konnten wir bis jetzt nur eine“, bestätigt Lisa Nett von Le Buffet, dem Karstadt-Restaurant. „Die Jugendlichen haben sich mit der Ausbildung gar nicht auseinandergesetzt.“ Häufig bekomme das Unternehmen Bewerbungsunterlagen zugeschickt, wo eine Vorlage aus dem Internet als Orientierung diente. Einige Jugendliche vergäßen aber dabei sogar, die Felder auszufüllen. „Daran sehen wir, dass die jungen Leute nicht motiviert sind. Und das, obwohl wir viele Vorteile wie tarifliche Löhne und Workshops bieten.“ Innerhalb der ersten halben Stunde hat Nett auf der Last-Minute-Börse drei intensive Gespräche mit Jugendlichen geführt sowie zwei Bewerbungsmappen eingesammelt.

Arbeitgeber finden häufig keine passenden Bewerber

An einem der Stände vertritt Marco Binder den Schuhhändler Deichmann. „Wir hatten für das Ausbildungsjahr 2015 für Berlin 70 Bewerber, die meisten springen aber kurzfristig ab und kommen ohne Entschuldigung gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch“, berichtet Binder. Deichmann habe deshalb sogar seine Anforderungen an die Ausbildungsplatzsuchenden heruntergeschraubt, das Zeugnis zähle weniger, dafür umso mehr die Motivation.

Lena Bayer ist mit ihrer Mutter zur Last-Minute-Börse gekommen: „Lena geht noch zur Schule, macht aber in diesem Jahr ihren mittleren Abschluss und wir wollen uns vorab informieren, welche Ausbildungsplatzmöglichkeiten sich für sie bieten.“ Außerdem möchte Lena Bewerbungsfotos schießen lassen, den Lebenslauf hat sie schon dabei, den lasse sie nachher aber „noch mal durchchecken“, sagt die 15-Jährige.

Lisa Splanemann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false