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Wirtschaft: Lob für den weißen Ritter

Aber Einsparziel von 700 Millionen Euro gilt als ambitioniert / Unternehmen überschneiden sich kaum

Berlin - Aktionärsvertreter begrüßen das Bayer-Angebot zur Übernahme des Berliner Schering-Konzerns. „Das ist eine gute Nachricht für Schering-Aktionäre“, sagte der Landesgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Malte Diesselhorst, dem Tagesspiegel. „Eine freundliche Übernahme sichert die Kontinuität und langfristige Strategie des Unternehmens.“ Für die Schering-Aktionäre biete sich zudem die Chance, dass der Bieterwettstreit sich fortsetze. „Das könnte die Aktie noch wertvoller machen.“ Auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zeigte sich zufrieden mit dem Angebot von 86 Euro je Aktie. „Das ist eine echte Verbesserung für die Aktionäre und für den Standort Berlin“, sagte SdK-Vertreter Michael Kunert dieser Zeitung.

Die Allianz, mit 11,4 Prozent größter Schering-Aktionär, ließ vorerst offen, ob sie das Angebot annimmt. Der Münchner Finanzkonzern hatte bereits erkennen lassen, dass er das Aktienpaket nicht als strategische Beteiligung sieht, und dürfte damit am Ende verkaufen. Da er die Anteile zum Teil seit Jahrzehnten hält, springt dabei ein enormer Buchgewinn heraus.

Der Bayer-Konzern hatte am späten Donnerstagabend ein Angebot von insgesamt 16,3 Milliarden Euro für den Berliner Pharmakonzern angekündigt, dem der Schering-Vorstand bereits zugestimmt hat. Bayer will den Kauf über bestehende Barmittel von rund drei Milliarden Euro aufbringen und die restlichen 13 Milliarden Euro hauptsächlich über eine Kreditlinie finanzieren. Die Ratingagentur Moody’s, die die Bonität von Firmen prüft, teilte am Freitag in London mit, sie werde sowohl Bayer als auch Schering auf eine mögliche Herabstufung hin beobachten.

Den Aktionären soll das Angebot von Bayer Mitte April offiziell vorgelegt werden. Bayer tritt damit als „weißer Ritter“ auf, der mit Zustimmung von Schering die feindliche Übernahme durch Merck verhindert. Der Darmstädter Konkurrent, der für Schering Anfang vergangener Woche 77 Euro je Aktie geboten hatte, zog sich am Freitag zurück.

Nach Angaben von Bayer-Chef Werner Wenning will der fusionierte Konzern ab dem dritten Jahr nach der Übernahme, also ab 2009, jährlich 700 Millionen Euro einsparen. Um das zu erreichen, sollen 6000 der zusammen rund 60 000 Arbeitsplätze weltweit gestrichen werden. Aber auch die Zusammenlegung beider Organisationen und ihrer Infrastruktur soll Ersparnisse bringen.

Analysten wie Alexander Groschke von der Landesbank Rheinland-Pfalz sehen das Sparziel als „sehr ambitioniert“ an, zumal die Unternehmen nicht besser zusammenpassten als Merck und Schering. Bayer-Chef Wenning zeigte sich dagegen zuversichtlich, dass durch den Zusammenschluss ein neues Schwergewicht von internationalem Rang entsteht. Die Bayer-Gesundheitssparte erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro, rund ein Drittel des Gesamtumsatzes von Bayer, Schering kam auf 5,3 Milliarden Euro.

Überschneidungen gibt es vor allem in der Krebsforschung und in der Männerheilkunde. Schering forscht seit Jahren an der Pille für den Mann, Bayer hat mit dem Potenzmittel Levitra bereits ein Produkt auf dem Markt, das allerdings weit weniger erfolgreich ist als Pfizers Marktführer Viagra. Hier könnten die beiden ihre Forschung sinnvoll ergänzen. In der Krebsforschung ist Bayer weiter als Schering. Die Berliner hatten im vergangenen Jahr bei ihrem großen Hoffnungsträger PTK/ZK Rückschläge einstecken müssen. Trotzdem würden beide Unternehmen nicht nur in der Krebsforschung, sondern auch im Vertrieb gut zusammenpassen.

Schwieriger wird es in anderen Bereichen. „Da passt eigentlich gar nichts zusammen“, sagt Analyst Groschke. Bei Verhütungsmitteln ist Schering Weltmarktführer. Bayer hat die Pille gar nicht im Angebot, dafür aber Diabetes-Medikamente und das Schmerzmittel Aspirin. Bekannte neue Produkte sind unter anderem das Bluterpräparat Kogenate und das Nierenkrebsmittel Nexavar. Auch bei Kontrastmitteln haben beide ganz unterschiedliche Produkte.

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