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Punkt für Punkt. Der Markt soll es richten, sagt Siemens-Peter Löscher. Foto: Reuters

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Wirtschaft: Löschers Visionen

Bei der Energiewende lassen sich 150 Milliarden sparen, sagt der Siemens-Chef.

Berlin - Siemens-Chef Peter Löscher hat die Politik aufgefordert, bei der Energiewende stärker auf Gaskraftwerke und Windenergie zu setzen. Nötig sei zudem eine „Generalrevision des Erneuerbare- Energien-Gesetzes“ und eine deutlich bessere Abstimmung mit den europäischen Nachbarn, sagte Löscher am Mittwoch in Berlin. Auf diese Weise könne Deutschland bis zum Jahr 2030 mehr als 150 Milliarden Euro sparen, also knapp ein Zehntel der nach aktuellem Stand bis dahin anfallenden Betriebs- und Investitionskosten der Stromversorgung.

Ihm sei klar, dass vor der Bundestagswahl im September wenig zu machen sei. „Das ist die Botschaft für den ersten Tag nach der Wahl“, sagte Löscher. Er hoffe auf einen Konsens über die Parteigrenzen hinweg. In dem Siemens-Szenario würden zu den rund 80 bestehenden Gaskraftwerken in Deutschland 40 hinzukommen. Die derzeitige Förderung erneuerbarer Energien sei vor allem bei der Fotovoltaik zu teuer und ineffizient. „Der Markt funktioniert so nicht.“ Sein Konzern selbst hatte bereits den Rückzug aus dem Solargeschäft angekündigt.

Der Konzern ist einer der führenden Hersteller von Gaskraftwerken und Turbinen. Löscher betonte aber, dass es ihm nicht um vordergründige Interessen gehe. „Ich rede als Arbeitgeber von 120 000 Menschen in Deutschland und als Bürger. Als Siemens gewinnen wir immer.“ Doch die Subventionen nach dem EEG verursachten immense Kosten, so dass Deutschland im Vergleich zu den USA noch weiter ins Hintertreffen gerate. Im laufenden Jahr werde die EEG-Umlage mit 16 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreichen. Private Stromkunden würden heute doppelt so viel pro Kilowattstunde zahlen wie im Jahr 2000, Industriekunden immerhin 75 Prozent mehr. Wenn die Energiewende unverändert fortgesetzt werde, würde eine Familie 2020 noch 400 Euro mehr im Jahr zahlen als heute.

Auch nehme die Netzstabilität ab. Hinzu komme, dass die CO2-Belastung derzeit nicht sinke, sondern steige. „Das ist die paradoxe Situation, vor der wir stehen: Wir kommen dem Primärziel überhaupt nicht näher“, sagte der Siemens- Chef. „Wir brauchen einen kosteneffizienten Energieumbau.“ Er unterstrich aber, dass Siemens den Atomausstieg nicht infrage stelle und die Energiewende als Chance für mehr Innovation sehe. „Am Ende des Tages muss das ein nachhaltiges Projekt sein. Nachhaltig ist es nur, wenn es bezahlt werden kann.“

Konkret schlug Löscher vor, den derzeitigen Einspeisevorrang für Erneuerbare ins Stromnetz durch eine „Einspeiseverantwortung“ zu ersetzen. Erzeuger von Grünstrom sollten den genauso zuverlässig vermarkten wie andere Stromanbieter. Dieses Lieferversprechen sollten sie mit Strom aus flexiblen Kraftwerken – oder Speichern – absichern müssen. Zudem sprach sich Löscher für eine gezielte Vergabe von Lizenzen für erneuerbare Energie aus, etwa durch Auktionen. Den Zuschlag für den Bau eines Windparks erhalte der Investor, der die geringste Einspeisevergütung verlangt. Die Regelungen für Anlagen, die schon in Betrieb sind, sollten aber unverändert bleiben, schlug Löscher vor. „Denn Investitions- und Rechtssicherheit sind hohe Güter“, sagte er. M. Döbler, K. P. Hoffmann

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