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Wirtschaft: Lokführer brechen Tarifverhandlungen ab

Bahn setzt Gespräche mit zwei Einzelgewerkschaften fort / Warnstreiks legen Berufsverkehr lahm

Berlin (pet). Nach mehr als sechsstündigen Verhandlungen hat die Lokführergewerkschaft GDL die Verhandlungen mit der Bahn für gescheitert erklärt. Die Bahn habe sich geweigert, über einen Spartentarifvertrag zu verhandeln, also einen eigenen Tarifvertrag für Lokführer und Zugbegleiter, sagte GDLSprecher Maik Brandenburger am Donnerstagabend zur Begründung. Jetzt beginnt das Schlichtungsverfahren. Die beiden anderen Eisenbahnergewerkschaften Transnet und GDBA, die getrennt mit der Bahn verhandeln, werden die Tarifgespräche dagegen am Freitagmorgen fortsetzen.

Bundesweite Warnstreiks der Eisenbahner hatten am Donnerstagmorgen den frühen Berufsverkehr erheblich behindert. Nach einem 45-minütigen Ausstand der Lokführer lief der Zugverkehr erst ab sieben Uhr langsam wieder an, die Auswirkungen des Streiks bekamen Bahnpassagiere aber bis zum Mittag zu spüren. Nach Bahnangaben mussten 1,5 Millionen Pendler und Reisende teilweise stundenlange Verspätungen in Kauf nehmen. Insgesamt seien 1000 Züge von dem Streik betroffen gewesen, darunter 800 im Nahverkehr, 50 im Fernverkehr sowie rund 150 Güterzüge.

Die Bahn hatte nach Angaben einer Sprecherin versucht, die Behinderungen durch Einsatz von verbeamteten Lokführern – die nicht streiken dürfen – zu begrenzen. Das sei aber nur zum Teil gelungen, weil die Gleise oft durch angestellte – und damit streikberechtigte – Kollegen versperrt gewesen seien. Rund 40 Prozent der Lokführer und Zugbegleiter sind Beamte. An dem Ausstand haben sich am Donnerstag nach Angaben der Lokführer-Gewerkschaft GDL „mehrere Tausend“ Tarifbeschäftigte beteiligt.

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen benannte die Lokführer-Gewerkschaft den früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf als Schlichter auf der Arbeitnehmerseite. Die Schlichtung muss spätestens am kommenden Freitag beginnen. Bis dahin werde es keine weiteren Warnstreiks geben. Die Bahn hatte bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch keinen Schlichter für die Arbeitgeberseite benannt. Die Verhandlungen mit den beiden konkurrierenden Eisenbahnergewerkschaften Transnet und GDBA, die gesonderte Tarifgespräche führen, sollen nach Bahn-Angaben heute Morgen ab neun Uhr fortgesetzt werden.

Die Bahn hatte gestern in der dritten Tarifrunde erstmals ein konkretes Lohnangebot gemacht. Es sieht für die 160 000 Beschäftigten zum 1. März zunächst einen Inflationsausgleich von linear 1,3 Prozent vor. Außerdem sollen in diesem Jahr im April und Dezember jeweils 200 Euro einmalig gezahlt werden. Eine weitere Anhebung um zwei Prozent ist zum 1. Mai 2004 vorgesehen.

Zur Anpassung der Osteinkommen an Westniveau bietet die Bahn von Juli dieses Jahres an eine Arbeitszeitverkürzung ohne Entgelterhöhung an. Daraus ergibt sich nach Bahn-Angaben rechnerisch eine Entgelterhöhung von drei Prozent. Derzeit erhalten die Ost-Bahner 90 Prozent des Westniveaus. Im Mai 2005 sollen dann nach den Vorstellungen der Bahn die Entgelte in Ost und West um 1,8 Prozent angehoben werden. Darüber hinaus hat der Konzern vorgeschlagen, bei Erreichen der Gewinnzone im Jahr 2004 den Beschäftigten Bonuszahlungen zu gewähren. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von drei Jahren bis Ende Februar 2006 haben.

Bei den Tarifverhandlungen fordern Transnet und GDBA fünf Prozent mehr Einkommen und eine Angleichung der Osteinkommen an Westniveau. Die GDL, die rund drei Viertel der 27 000 Lokführer vertritt, will einen eigenen Tarifvertrag aushandeln, der drei Prozent mehr Lohn und Gehalt, Verbesserungen der Arbeitszeit und eine Ost-West-Angleichung bis 2007 vorsieht.

Insgesamt beschäftigt die Bahn rund 210 000 Mitarbeiter, davon 50 000 Beamte. Für sie gelten die Tarifvereinbarungen nicht.

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