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Flughafen

© dpa

Luftfahrtindustrie: 100.000 Jobs in der Luftfahrt gefährdet

Der Weltverband IATA warnt vor einer einmaligen Krise. Doch Lufthansa und Air Berlin halten sich für robust.

Kuala Lumpur/Berlin - Die Luftfahrtindustrie gerät immer tiefer in den Sog der Wirtschaftskrise. Der Weltverband IATA rechnet jetzt mit einem Minus von neun Milliarden Dollar (6,4 Milliarden Euro) in der Branche – doppelt so viel wie die bisherige Vorhersage (4,7 Milliarden Dollar). Weltweit seien 100 000 Arbeitsplätze in Gefahr, sagte IATA-Chefökonom Brian Pearce bei der Jahresversammlung des Verbandes am Montag in Kuala Lumpur (Malaysia). „Wir kämpfen ums Überleben“, befand IATA-Generaldirektor Giovanni Bisignani.

Damit hat sich die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Branchenkrise zerschlagen. Nachdem sich der Einbruch sowohl im Passagiergeschäft als auch bei der Fracht im April nicht weiter beschleunigt hatte, setzten einige Branchenvertreter auf eine Stabilisierung. Doch die ist nun passé. „Wir glauben, dass das Geschäftsumfeld bis 2010 schwierig bleiben wird“, prognostiziert die Ratingagentur Moody’s.

Selbst als solide geltende Luftfahrt- Konzerne wie British Airways sind in Gefahr. Deren Chef Willie Walsh erklärte jüngst, sein Unternehmen kämpfe ums Überleben. Der deutsche Branchenprimus Lufthansa sieht dagegen „auf der Nachfrageseite den Boden erreicht“, wie Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber angesichts eines Minus von zehn Prozent sagte. Wann das Geschäft wieder anziehen werde, mochte er aber nicht sagen.

Auch Air Berlin hofft, gut durch die Krise zu kommen. Zwar sei eine Prognose für das laufende Jahr „extrem schwer“, wie ein Sprecher mit Blick auf das sehr kurzfristige Buchungsverhalten der Kunden sagte. Derzeit liege man aber noch gut im Plan. Zwar gebe es einen Einstellungsstopp, aber die Zahl der Beschäftigten werde am Jahresende „nur leicht“ unter der derzeitigen Marke von 8100 liegen. Auch Bestellungen von Flugzeugen zu stornieren sei nicht geplant.

Für die gesamte Branche wachsen gleichwohl die Zweifel, ob die Unternehmen ähnlich gut durch die aktuelle Krise kommen wie durch die bisherigen. Fluggesellschaften reagieren traditionell stark auf Konjunkturzyklen. Doch für IATA-Chef Bisignani hat der aktuelle Einbruch einmalige Dimensionen. „Es gibt dafür keinen Präzedenzfall in der jüngeren Vergangenheit“, warnte er. Die Details sind erschreckend. War der Umsatz der Branche nach den Attacken im September 2001 um fast sieben Prozent zurückgegangen, wird das Minus in diesem Jahr bei 15 Prozent liegen. Damit nicht genug: Die Erholung dürfte lange dauern. Nach der Krise 2001 dauerte es fast drei Jahre, bis das alte Niveau wieder erreicht wurde. Dieses Mal dürfte diese Zeitspanne kaum ausreichen.

Betroffen sind alle Bereiche des Luftverkehrs. So werden in diesem Jahr wohl lediglich 33,3 Millionen Tonnen Luftfracht befördert, ein Minus von 17 Prozent. Die Zahl der Passagiere wird um acht Prozent auf gut zwei Milliarden sinken, wobei vor allem das Premiumsegment mit First und Businessclass leidet. Das wiederum geht zu Lasten der Gewinne.

Damit geraten die Fluggesellschaften in einen Teufelskreis. So schnell, wie der Umsatz wegbricht, können sie ihre Fixkosten nicht senken. Die IATA fordert daher Entlastung vonseiten der Staaten. Bisignani fordert eine Liberalisierung des Marktes. „Es wird kein ,business as usual’ geben nach der Krise. Regierungen, Partner und Fluggesellschaften müssen diese Krise als Gelegenheit nutzen, eine stärkere Industrie zu formen“, sagte er. Bisignani zielt dabei vor allem auf die Beschränkungen beim Kauf von Airline-Anteilen. In den meisten Ländern kann ein ausländischer Investor nicht die Mehrheit an einer Fluggesellschaft erwerben. Das behindert seit Jahren die Konsolidierung der Branche. In der IATA sind 226 Fluggesellschaften organisiert. HB/dpa/brö

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