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Tankflugzeug

© dpa

Luftfahrtindustrie: Tankjet-Jahrhundertdeal für Airbus geplatzt

Der Airbus-Konzern EADS hat keine Chance mehr auf das Milliardengeschäft mit der US-Luftwaffe für 179 Tankflugzeuge. Der US-Partner Northrop Grumman zog das Angebot zurück. Airbus erhebt Vorwürfe gegen die US-Regierung. Diese zieht offenbar Boeing vor.

Der Airbus-Konzern EADS ist beim "Jahrhundertgeschäft" mit der US-Luftwaffe für 179 Tankflugzeuge im Wert von 35 Milliarden Dollar aus dem Rennen. Der US-Partner Northrop Grumman zog das gemeinsame Angebot am Montag zurück. Er begründete das mit unfairen Wettbewerbsbedingungen. Die Ausschreibung sei voll auf den Konkurrenten Boeing zugeschrieben worden. Airbus-Chef Thomas Enders warf der US-Regierung "Voreingenommenheit" vor.

Schon vor drei Monaten hatte Northrop Grumman (NGC) gedroht, das Handtuch zu werfen, weil mit gezinkten Karten gespielt werde. So hatte Boeing Einsicht in das Airbus-Preisangebot erhalten und konnte sein Angebot darauf abstimmen. NGC/EADS hatte den Tankerauftrag 2008 bereits gewonnen gehabt, auf Protest von Boeing aber wieder aberkannt bekommen.

"Die jetzige Ausschreibung ist klar maßgeschneidert auf den kleineren und weniger leistungsfähigeren Flieger der Konkurrenz", sagte Enders telefonisch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Paris. "Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Es geht hier nicht mehr um das beste Tankflugzeug und auch nicht um einen fairen Wettbewerb." US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte 2009 erklärt, er könne auch nur mit einem Boeing-Angebot leben.

Northrop Grumman sei überzeugt, "dass wir im derzeitigen Umfeld keine Chance haben, zu gewinnen, egal wie gut unser Angebot ist", sagte Enders. Er könne "dieser Einschätzung nur folgen". Auch die US-Luftwaffe wisse, dass der Airbus-Tanker gegen Boeing "alle fünf internationalen Ausschreibungen der letzten Jahre gewonnen" haben.

"Politische Bewertungen überlasse ich anderen. Für mich ist nur klar, dass unter den derzeitigen Bedingungen ein Antritt von uns ökonomisch nicht sinnvoll ist", sagte Enders. Verlierer sei die Air Force, die "jetzt die zweitbeste Lösung bestellen" müsse.

Die US-Luftwaffe muss 534 Tanker/Frachter ersetzen. Das verspricht langfristig ein Geschäft von 100 Milliarden Dollar. Im ersten Los geht es um 68 Maschinen für zwölf Milliarden Dollar und undatierte Folgeaufträge für 111 Flugzeuge. Der EADS-Tanker KC-45 ist vom Großraumflugzeug Airbus A330 abgeleitet und hat bisher alle internationalen Wettbewerbe gegen Boeings KC-767 gewonnen. Die KC-767 basiert auf dem alten Verkehrsjet B767, der von Airbus völlig vom Markt verdrängt wurde. Nach dem Verlust der ersten amerikanischen Ausschreibung hat Boeing sein Modell überarbeitet.

Die KC-767 "New Generation" hat Cockpit-Displays wie der neue "Dreamliner" 787, doch den engeren 767-Rumpf. Boeing wirbt für die KC-767 mit dem Argument, die Produktion jederzeit auf jedem von der Air Force gewünschten Niveau garantieren zu können. Außerdem verbrauche die KC-767 24 Prozent weniger Treibstoff als der größere und schwerere Airbus-Tanker.

Die KC-767 wurde bisher nur nach Japan und Italien verkauft, wo Boeing Teile fertigen lässt. Wo sie offen mit dem Airbus-Tanker konkurrierte wie in Australien, Großbritannien, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und 2008 in den USA, hatten stets die Europäer die Nase vorn. Nach der Neuausschreibung des US-Auftrags hatten Northrop Grumman und Airbus 2009 über die Bevorzugung von Boeing im Pentagon geklagt.

EADS hatte für den Airbus-Tanker ein eigenes Werk in den USA bauen wollen, in dem auch die A330-Frachter montiert werden sollten. NGC sollte die militärischen Komponenten zuliefern. Northrop warb damit, das Projekt würde 48 000 Arbeitsplätze in den USA schaffen, mehr als Boeings KC-767. Als Kompromiss hatte Northrop eine Teilung des Auftrags im Verhältnis 60 zu 40 ins Spiel gebracht.

EADS wollte mit dem Tankerwerk auch seine Abhängigkeit vom Euro-Raum mindern. "EADS wird weiter in den USA aktiv bleiben", versicherte Enders. Er verwies dabei auf die jüngst 100. Auslieferung eines Hubschraubers an die US Army und das Airbus Engineering Center in Mobile, Alabama. (dpa)

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