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Modelleisenbahn

© Uwe Steinert

Märklin-Pleite: Aus der Bahn geworfen

Die Krise kommt zum 150-jährigen Jubiläum. Kredite wurden nicht verlängert, die Firmenleitung gibt sich trotzdem optimistisch

Der weltweit älteste Modellbahnbauer Märklin ist pleite – will aber nicht aufgeben. Der Göppinger Betrieb mit 650 Beschäftigten solle ohne Einschränkungen weiterlaufen, teilte Geschäftsführer Dietmar Mundil am Mittwoch mit. In Ungarn sind weitere 400 Mitarbeiter beschäftigt. Märklin braucht dringend Kredite für sein saisonal schwankendes Geschäft. In diesem Januar konnte das Unternehmen nicht die vollen Löhne auszahlen. Märklin sei aber zukunftsfähig, sagte Mundil. 2008 steigerte die Firma den Umsatz trotz flauen Weihnachtsgeschäfts auf 128 Millionen Euro, die Verluste im operativen Geschäft wurden gesenkt. Zahlen gab die Firma nicht bekannt, es soll sich um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag handeln.

Optimistisch gab sich am Mittwoch der Marketing-Chef von Märklin, Lars Schilling. „Die Faszination der Marke wird ungebrochen bleiben“, sagte er dem Tagesspiegel. Am heutigen Donnerstag stellt Schilling auf der Spielzeugmesse in Nürnberg wie geplant neue Modelle des Blechspielzeugbauers vor. Das Modellschiff „Jolanda“ etwa werde sich noch in diesem Jahr sehr gut verkaufen. Branchenkenner sagten in Nürnberg, dass Märklin nicht untergehen werde. Ebenfalls wie geplant wird Schilling am 18. Februar in Berlin das 150-jährige Jubiläum des Unternehmens feiern. In der Landesvertretung Baden-Württemberg eröffnet dann eine Ausstellung mit historischen Exponaten.

Die Söhne des Firmengründers Theodor Märklin präsentierten 1891 als erstes Unternehmen weltweit eine uhrwerkgetriebene Modelleisenbahn. Die Einladung für das Jubiläum erreichte die Gäste ausgerechnet am Mittwoch, als die Firma beim Amtsgericht Göppingen Insolvenz beantragte. Trotz der Pleite müssten Hobby-Eisenbahner keinen Mangel an Ersatzteilen befürchten – die Vorräte reichten, hieß es von Spielzeuggeschäften in deutschen Städten. Unter vielen Kunden hatte sich die Pleite schnell herumgesprochen. Michael Turberg, der mit seiner Frau zwei große Modellbahnläden in Berlin betreibt, verkauft täglich Produkte von Märklin. „Die Marke hat für unsere Kunden eine so große Bedeutung, die wird auch künftig weiterlaufen“, glaubt Händler Turberg. Schätzungen zufolge beschäftigten sich Zehntausende Deutsche wenigstens gelegentlich mit Modelleisenbahnen.

Derweil wird über die Ursache für die Insolvenz gestritten. Die Hausbanken des Unternehmens hätten „trotz intensiver Verhandlungen“ nötige Kredite im Wert von 50 Millionen Euro nicht verlängert, teilte Märklin mit. Die Firma hatte mit der Kreissparkasse Göppingen und der Landesbank Baden-Württemberg verhandelt. Aus dem Unternehmen hieß es, die Eigentümer seien über die Entscheidung empört: Wirtschaftsprüfer der Unternehmensberatung KPMG wollten bis Mitte Februar ein Sanierungsgutachten vorstellen. Die Banken hätten dieses Gutachten offenbar nicht abwarten wollen. Seit 2006 gehört das einstige Familienunternehmen den Finanzinvestoren Kingsbridge Capital und Goldman Sachs.

Die Gewerkschaft IG Metall nannte Missmanagement als eine Ursache für die Pleite. Bei Märklin sei viel Geld für Beraterfirmen ausgegeben worden, ohne dass konkrete Maßnahmen zur Firmenrettung umgesetzt worden seien, sagte Renate Gmoser von der IG Metall dem Tagesspiegel. 2007 sind rund 13 Millionen Euro für Beraterhonorare ausgegeben worden. Die Gewerkschafterin betonte aber, dass sich die gesamte Branche in einer schwierigen Lage befinde. „Wir sind erleichtert, dass jetzt ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird.“ Nun könne nach geeigneten Investoren gesucht werden. Märklin stand bereits vor drei Jahren vor der Pleite. Das Werk im thüringischen Sonneberg mit 230 Mitarbeitern wurde daraufhin geschlossen.

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