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Wirtschaft: Märkte verlangen weiteren Zinsschritt

Senkung der Leitzinsen in den USA um 0,25 Prozentpunkte reicht den Aktienhändlern nicht – Unruhe an der Börse

Berlin (mot). Die Senkung der USLeitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent ist an den Finanzmärkten am Donnerstag überwiegend mit Enttäuschung aufgenommen worden. Der Aktienmarkt in Tokio gab nach, an der deutschen Börse stiegen die Kurse nur leicht. Der Dax notierte zum Börsenschluss bei 3241 Punkten (plus 1,3 Prozent). Zugleich äußerten Marktteilnehmer die Hoffnung, dass die amerikanische Notenbank in diesem Jahr noch einmal an der Zinsschraube drehen könnte. Viele hatten mit einer stärkeren Zinssenkung gerechnet.

Niedrigere Zinsen verbilligen Kredite und sollen Konsum und Investitionen anregen. Sie schaffen damit die Voraussetzungen für eine Konjunkturbelebung. Alan Greenspan, Chef der US-Notenbank Fed, hatte am Mittwochabend erneut vor dem Risiko einer Deflation in den USA gewarnt und erklärt, die US-Wirtschaft sei „noch nicht auf einen nachhaltigen Wachstumspfad eingeschwenkt“. Diese Einschätzung beunruhigte die Börsianer. Sie fürchten, dass die Aktienkurse nach der kräftigen Erholung seit Mitte März schon wieder zu hoch gestiegen sind und die tatsächliche Lage vieler Unternehmen nicht angemessen widerspiegeln. Auch in der Notenbank ist man sich offenbar nicht einig darüber, wie lange der Aufschwung noch auf sich warten lässt. Die Zinsentscheidung fiel deshalb nicht einstimmig: Im für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschuss hatte der Chef der Fed von San Francisco, Robert Parry, für eine deutlichere Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte gestimmt.

„Ist nach der Zinssenkung vor der Zinssenkunng?“, fragten sich die Experten von UBS Private Banking am Donnerstag. Der Markt habe mit einer aggressiveren geldpolitischen Entscheidung gerechnet, zumal die Notenbank selbst vor der anhaltenden Wachstumsschwäche warne. Die Fed habe sich allerdings mit dem moderaten Schritt „das Pulver trocken“ gehalten und die Konsequenzen aus den Lehren der japanischen Deflation gezogen. Der japanische Leitzins ist bereits auf Null gefallen. Die Notenbank hatte in der Vergangenheit die Zinssätze zu spät gesenkt und deshalb den anhaltenden Preisverfall bei gleichzeitig sinkender Wirtschaftsleistung nicht gestoppt.

Real gerechnet liegen auch die US-Zinsen schon nahe Null, beziehungsweise darunter. Die Inflationsrate liegt bei zwei Prozent. Damit bleibt der Notenbank nicht mehr viel geldpolitischer Spielraum. Greenspan hatte bereits angedeutet, dass die Fed auch zu anderen Instrumenten statt Zinssenkungen greifen könnte. So könnte sie, wie schon in den 50er Jahren, Staatsanleihen mit mittlerer und längerer Laufzeit zurückkaufen, um die Rentenkurse zu stützen und die Renditen niedrig zu halten. Diese Maßnahme habe aber eher einen psychologischen Effekt, warnte Christoph Balz, Kapitalmarktexperte der Commerzbank. „Allein kann auch die Fed den Markt nicht bewegen.“ Trete die Notenbank aber als aktiver Käufer am Bondmarkt auf, gebe dies auch anderen Investoren ein Kaufsignal. „Wenn selbst die Fed kauft, können die anderen nicht zusehen“, sagte Balz. Bis es soweit kommt, bleibt Alan Greenspan aber noch Luft für einen weiteren kleinen Zinsschritt.

„Wir erwarten eine Absenkung um 0,25 Prozentpunkte im Jahresverlauf“, sagte Christoph Balz. Mit Blick auf die Konjunkturaussichten sei dies eigentlich nicht nötig. Die Commerzbank ist optimistisch – die Konjunktur ziehe an. Dafür spreche, dass die Vertrauenskrise der Verbraucher und Einkaufsmanager überwunden sei, der Ölpreis tendenziell falle und die langfristigen Renditen niedrig seien. Dies habe die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen verbessert.

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