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Wirtschaft: Marken ohne Namen

Über ihre „No Names“ reden die Markenhersteller nicht gern

Amsterdam (scs/HB). Der Messestand Nummer 5447 ist klein und betont schmucklos: Eine Eckbox sechs mal drei Meter, an den Wänden die Plakate der Messeveranstalter, einige wenige Eiskartons auf den Regalen in der Ecke, nur die dezente Standbeschriftung der Organisatoren verrät den Namen des Ausstellers. Es ist der weltweit zweitgrößte Eishersteller Nestlé Schöller. Der Stand des Unternehmens ist auf jeder anderen Veranstaltung pompöser. Nur auf der Handelsmarkenmesse „World of Private Label“ in Amsterdam gibt man sich bewusst zurückhaltend.

Die Hersteller von „Mövenpick“ reden nicht gerne darüber, dass ihr Eis auch für weniger Geld bei Discountern wie Aldi zu kaufen ist. „Das weckt Begehrlichkeiten beim Handel – und der Verbraucher fühlt sich an der Nase herumgeführt", sagt ein Branchenkenner. Die „World of Private Label“ wimmelt vor Markenartiklern: Der Süßigkeitenhersteller Cadbury ist vertreten, die Gemüsespezialisten von Bonduelle, die Gebäckhersteller GriessonDe Beukelaer oder Kimberley-Clark, bekannt durch „Kleenex“.

Versteckspiel hinter Töchtern

Wer nicht unter eigenem Namen kommt, ist durch eine Tochterfirma vertreten. Entsprechend hat der Hersteller von Pommes-Frites McCain einen Ableger geschickt, der Waschmittelhersteller Henkel ebenfalls. Sie alle werben um die Aufmerksamkeit von rund 2000 Einzelhändlern. Keiner der Markenhersteller ist daran interessiert, die Aktivitäten für den Handel an die große Glocke zu hängen. Kamerateams sind in Amsterdam nicht zugelassen. Statt ihren Namen zu nennen, drucken die Produzenten die Bemerkung „Hergestellt für...“ auf ihre Packungen.

Die Macht der „No Names“ wächst. Der Anteil der Handelsmarken am Umsatz mit Konsumgütern in Deutschland steigt kräftig. Vergangenes Jahr erreichte der Wert dem Volumen nach 33 Prozent, der Wertanteil stieg um 1,4 Prozent auf 25,4 Prozent, berechneten die Marktforscher von AC Nielsen. Nur England liegt mit einem Mengenanteil von 40 Prozent über dem deutschen Niveau.

Während internationale Konzerne wie Beiersdorf, Coca-Cola oder Unilever darauf beharren, nicht für die Eigenmarken des Handels zu arbeiten, zeigen sich andere Hersteller flexibler. Der Pizzahersteller Wagner ist nach Amsterdam gekommen, um dem ausländischen Einzelhandel seine Dienste anzubieten. Hier zu Lande beschränkt sich der Hersteller auf das Markengeschäft. Nestlé Schöller gilt in der Branche neben Humana Milchunion und Roncadin, Hersteller der Marken „Landliebe“ und „Dr. Oetker“, längst als größter Eislieferant für den deutschen Handel. Humana bietet Discountern auch andere Dienste an: Ein Sprecher bestätigte auf Anfrage, „Royal“-Quark oder „Desira“-Pudding für Aldi Süd herzustellen. Griesson-De Beukelaer liefert seinen Butterkeks mit Schokolade an den größten Discounter.

Die Verbraucher unterschieden immer weniger zwischen traditionellen Marken und Handelsmarken, heißt es bei Humana. Klaus Leciejewski, Unternehmensberater aus Köln, fügt hinzu, die Qualität der Handelsmarken sei deutlich gestiegen. „Die Hersteller erkennen zunehmend die Vorteile von Handelsmarken: Im Discounter können sie neue Produkte testen - ganz ohne Marketingkosten.“ Den Marken bleibe oft nur die Marktforschung, um Innovationen zu bewerten.

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