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Wirtschaft: Mathematik für das richtige Leben

Die Geschichte, dass John Nash in einer Kneipe auf die Idee mit der Spieltheorie gekommen ist, stimmt nicht. Es war wohl eher ein Vortrag über internationale Verhandlungen, der den Mathematiker und späteren Nobelpreisträger dazu brachte, darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen alle Beteiligten eine Lösung suchen, die für sie akzeptabel, aber nicht optimal ist.

Die Geschichte, dass John Nash in einer Kneipe auf die Idee mit der Spieltheorie gekommen ist, stimmt nicht. Es war wohl eher ein Vortrag über internationale Verhandlungen, der den Mathematiker und späteren Nobelpreisträger dazu brachte, darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen alle Beteiligten eine Lösung suchen, die für sie akzeptabel, aber nicht optimal ist. So sieht es Nash selbst. Seine 27-seitige Dissertation hat er demnach auch nicht nach dem Besuch der Bar aufgeschrieben, sondern nach einem wissenschaftlichen Vortrag.

Aber das macht nichts. Die Kneipengeschichte ist zwar nicht wahr. Aber sie ist schön. Der junge Nash sitzt mit seinen Kumpels in einer Bar. Eine Gruppe junger Frauen kommt herein. Eine der Damen ist besonders attraktiv. Nash erkennt die Gefahr, dass sich alle Männer nur um die eine Frau bemühen - damit aber Gefahr laufen, alle anderen zu versprellen. Er überredet seine Freunde, von vornherein die jeweils zweitbeste Lösung zu wählen. Der Vorteil: Es gibt keinen Streit um die Damen, und jeder hat eine Chance auf Erfolg. Und Nash hat die Grundlage für die Bildung von Gleichgewichten in eigentlich nicht besonders kooperativen Situationen gefunden.

So weit der Hollywood-Film "A beautiful Mind", der am Sonntagabend vier Oscars bekam. Der Film erzählt die Geschichte des Nobelpreisträgers und illustriert, wie der an Schizophrenie leidende Sonderling Nash zwischen Genie und Wahnsinn schwankt. Am Ende rettet er natürlich seine Ehe, arrangiert sich mit der Schizophrenie und bekommt obendrein den Nobelpreis.

Der Grund für die Auszeichnung spielt im Film selbst nicht die Hauptrolle. Er hört sich auch ziemlich sperrig an. John Nash bekam 1994 zusammen mit dem Bonner Volkswirt Reinhard Selten und dem US-Ökonomen John C. Haranyi den Nobelpreis. In Deutschland führte der Preis für den zerstreuten Professor aus Bonn dazu, dass sich zum ersten Mal überhaupt mehr Menschen mit der Frage beschäftigten, was die Spieltheorie eigentlich ist. In den USA schrieb Nash die Geschichte, die dann Stoff für den Oscar-prämierten Film wurde.

Dabei ist die Spieltheorie auch im praktischen Leben außerordentlich nützlich. Schon beim Kartenspielen zahlt es sich aus, wenn man sich mit der Frage auseinandersetzt, was das Gegenüber wohl tun wird und welche Strategie es verfolgt. Es ist nicht weiter erstaunlich, dass die ersten spieltheoretischen Überlegungen beim Pokern und beim Schachspiel angestellt wurden. Noch wichtiger ist die Spieltheorie, wenn es darum geht, Märkte zu analysieren und sich zu fragen, was die Konkurrenz als Nächstes tut.

Nash hat als erster zwischen kooperativen und nicht kooperativen Spielen unterschieden. Beim nicht kooperativen Spiel haben die Teilnehmer keine Möglichkeit, sich abzusprechen. Die Frage ist, wie sie sich verhalten, wenn sie nicht vorhersagen können, wie sich der jeweils andere verhält. Das berühmteste Beispiel ist das Gefangenen-Dilemma: Zwei Verbrecher sitzen im Gefängnis und warten auf ihr Urteil. Der Staatsanwalt bietet jedem einen Handel an. Wenn einer der beiden Festgenommenen aussagt, dass der andere für das Verbrechen verantwortlich ist, wird der Geständige frei gelassen. Der Belastete muss dagegen die volle Strafe absitzen. Gestehen beide, müssen beide für eine kürzere Zeit hinter Gitter. Gesteht keiner, können beide nur für einen kurzen Zeitraum eingebuchtet werden, weil die Beweise fehlen.

In einer kooperativen Situation würden sich natürlich beide absprechen und die Aussage verweigern. Das Nash-Gleichgewicht ist aber das wahrscheinlichste: Weil jeder vermuten muss, dass der Andere ihn verpfeift, schwärzen sich beide gegenseitig an. Beide wandern in den Knast. Klar ist, dass diese Lösung keinen der beiden zufrieden stellen kann. Aber wenn beide Gefangenen rational handeln, werden sie so handeln.

Wenn alle rational handeln - das ist der Schwachpunkt des Nash-Gleichgewichts. Es geht davon aus, dass sich alle nach den Gesetzen der Logik verhalten. Das aber passiert eben nicht immer. Das nicht-rationale Element blieb bei allen spieltheoretischen Überlegungen der kritische Punkt: bei Abrüstungsverhandlungen, beim Verhalten mehrerer großer Spieler auf einem begrenzten Markt, und auch bei Preisüberlegungen im Luftverkehr. Schon aus diesem Grund versucht der Bonner Ökonom Reinhard Selten seine Rechnungen zur Spieltheorie jetzt so zu verfeinern, dass auch das nichtrationale Verhalten darin abgebildet werden kann.

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