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Wirtschaft: Mautbetreiber will trotz Pannen Geld

Dem Bund droht ein weiterer Millionenverlust, weil sich das Verkehrsministerium im Vertrag nicht genügend abgesichert hat

Der Streit um Pannen bei der Einführung des Maut-Systems für Lkws und drohende Einnahmeausfälle von bis zu 720 Millionen Euro hat sich am Dienstag dramatisch verschärft. Nach Tagesspiegel-Informationen will der Mautbetreiber Toll Collect trotz der Pannen von Anfang an kassieren. Das garantierten die Verträge mit dem Bund. Danach erhält Toll Collect über die zwölfjährige Vertragslaufzeit hinweg rund 6,8 Milliarden Euro. Ein Sprecher von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sagte dem Tagesspiegel aber: „Für die ersten beiden Monate wird es keine Vergütung geben.“

Rücktrittsforderungen der Union wies Stolpe zurück. Rückendeckung erhielt er von den Grünen. Die Vertragsgestaltung sei nicht Stolpe anzulasten, sondern seinem Vorgänger Kurt Bodewig (SPD), sagte der grüne Verkehrsexperte Albert Schmidt. Er bezifferte den Einnahmeausfall für den Bund auf bis zu 720 Millionen Euro, sollte das Mautsystem bis Jahresende nicht an den Start gehen.

Die Verträge zwischen Toll Collect und Verkehrsministerium werden seit Wochen heftig kritisiert. Unter anderem ist das Maut-Konsortium, hinter dem die Konzerne Daimler-Chrysler, die Deutsche Telekom und der französische Autobahnbetreiber Cofiroute stehen, anfangs von jeglicher Haftung befreit. Erst ab Dezember seien Vertragsstrafen von lediglich 7,5 Millionen Euro pro Monat festgelegt, kritisiert Schmidt.

Ursprünglich sollte die Lkw-Maut Ende August gestartet werden. Der Termin war jedoch unter anderem wegen technischer Probleme auf den 2. November verschoben worden. Doch auch dieser Termin scheint mittlerweile zu wackeln. Bei der Telekom ist das Thema inzwischen Chefsache. Vorstandsvorsitzender Kai-Uwe Ricke befürchtet, wie auch Daimler-Chef Jürgen Schrempp, einen schweren Imageschaden für seinen Konzern. In Konzernkreisen hieß es, Schrempp und Ricke hätten deshalb eine Task Force mit Experten nach Berlin geschickt, um „den jetzt avisierten Starttermin am 2. November „unter allen Umständen“ sicherzustellen.

Toll Collect erhält laut Vertrag jährlich 570 Millionen Euro für die Installation und den Betrieb des Mautsystems. Investiert hat die Industrie nach eigenen Angaben 700 Millionen Euro. Den geheim gehaltenen Vereinbarungen zufolge werden die „Kosten für Toll Collect über die Laufzeit ausgeglichen“. Das bedeutet: Einnahmeausfälle wegen der Startprobleme werden später nachkassiert.

9 UND MEINUNGSSEITE

Dieter Fockenbrock

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