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Wirtschaft: Mehdorn kritisiert die neuen ICEs

Zwischen der Bahnindustrie und ihrem größten Kunden, der Deutschen Bahn AG, droht heftiger Streit. Grund: Vom ICE bis zu den modernen S-Bahn-Generationen häufen sich bei neuen Fahrzeugen technische Störungen bis hin zu Totalausfällen.

Zwischen der Bahnindustrie und ihrem größten Kunden, der Deutschen Bahn AG, droht heftiger Streit. Grund: Vom ICE bis zu den modernen S-Bahn-Generationen häufen sich bei neuen Fahrzeugen technische Störungen bis hin zu Totalausfällen.

Besonders betroffen ist der Betrieb der ICE-Linie 17 von Nürnberg nach Dresden. Dort soll seit letztem Sommer eine DieselVariante des ICE mit Neigetechnik - der ICE TD - mehr Komfort bringen und die Fahrzeit verkürzen. Doch die neuen Züge sind nur bedingt einsatzbereit. Nach Bahn-Angaben liegt ihre Pünktlichkeit unter 80 Prozent.

Offiziell bemühen sich Bahn und Industrie um maßvolle Töne im Umgang miteinander. "Wir befinden uns in schwierigen, aber zielführenden Gesprächen, wie wir die Qualität künftig sicherstellen", sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn. Die Industrie sei bemüht, die Probleme aus der Welt zu räumen. Doch der Bahnchef findet auch klarere Worte: "Die Linie 17 ist ein Desaster. Wir flattern von Problem zu Problem", sagte er dem "Handelsblatt". Mal funktioniere die neue Neigetechnik nicht. Dann hätten sich die Kupplungen als nicht winterfest erwiesen. Dieselmotoren seien ausgefallen, es gebe reichlich Software-Probleme. Und das bei einem Zug, der ohnehin schon mit zwei Jahren Verspätung geliefert worden sei. "Das darf einer Industrie nicht passieren. Bei Airbus wäre ein Flugzeug mit solchen Mängeln ganz schnell auf dem Hof gelandet", sagte Mehdorn, der selbst einmal Airbus-Manager war.

Die Bahn verlangt Qualität für ihr Geld: Seit 1995 hat sie für rund 11,5 Milliarden Euro Material geordert, fast genauso groß ist noch einmal das Bestellvolumen, das sie bis 2006 in Auftrag geben will. Das Tischtuch ist nicht zerschnitten, aber zum Zerreißen gespannt - so beschrieben Insider das Verhältnis zwischen Lieferanten und der Bahn. Denn Ärger mit neuen Fahrzeugen gibt es schon länger.

Beispielsweise bei den Neigetechnik-Regionaltriebwagen der Baureihe 611. Sie waren eine der ersten Großbestellungen der Bahn und gerieten schnell als "Pleiten-Pech-und-Pannen-Züge" in die Schlagzeilen: Rückruf-Aktionen beim damaligen Hersteller Adtranz (heute Bombardier) haben zwar die Verfügbarkeit der Züge erhöht. Doch selbst die Nachfolge-Entwicklung, die Baureihe 612, erfülle heute immer noch nicht die Erwartungen, schimpft die Bahn.

Auch neue S-Bahn-Baureihen haben zahlreiche Krankheiten und müssen aus dem Verkehr gezogen werden. Defekte tauchten zudem immer wieder bei anderen ICE-Typen auf: Da müsse man auf ein Ersatzteil für eine Toilette schon mal vier bis fünf Monate warten, klagte Mehdorn und kündigte an: "Wir werden nie wieder einen neuen Zug bestellen, wenn wir nicht Prototypen mindestens ein Jahr selbst im Alltagsbetrieb getestet haben."

Die Industrie räumt die Probleme generell ein. VDB-Geschäftsführer Michael Clausecker sieht aber auch "gemeinsame Schwierigkeiten von Herstellern und Bahn". Anspruchsvolle Zugsysteme hätten nun einmal ihre technischen Risiken. So sollte der ICE TD ursprünglich vor dem Einsatz zwölf Monate auf der sehr bergigen und kurvenreichen Strecke von Nürnberg nach Dresden getestet werden, doch die sei dafür noch gar nicht ausgebaut gewesen. Bis Ende Februar werden nun weitere Mängel beseitigt, ab Sommer soll es richtig laufen.

ek, HB

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