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Licht und Schatten. Wenn die Mutter das gemeinsame Sorgerecht verweigert, können Väter vor Gericht gehen – und zwar auch dann, wenn das Kind unehelich ist.

© picture alliance / dpa

Mehr Rechte für Väter: Die Sorge ums Kind

Ein neues Gesetz stärkt die Rechte unverheirateter Väter. Sie sollen künftig mehr mitbestimmen können.

Lange ist es her, dass unehelich geborene Kinder als Schande galten. Auch heute kommen zwar die meisten Kinder als Söhne und Töchter Verheirateter auf die Welt, aber das Stigma von einst hat sich verflüchtigt; gerade in urbanen Milieus haben die Paare oft erst Nachwuchs und dann einen Termin beim Standesamt. Gleichwohl gibt es sie noch immer, die berühmten „Ausrutscher“ oder „Fehltritte“: Kinder, die gezeugt, aber nicht unbedingt gewollt werden.

Schrittweise hat der Gesetzgeber den Status unehelicher Kinder dem verheirateter Eltern angepasst. Anfang Februar nun folgte der vorläufig letzte Akt. Der Bundestag verabschiedete ein reformiertes Sorgerecht. Künftig, so ist der Gedanke, sollen Väter auch dann bei wesentlichen Fragen für ihren Nachwuchs mitbestimmen können, wenn die Mutter das ablehnt. Schließlich hat ein Kind zwei leibliche Elternteile – und beide haben ein Recht auf ihr Kind. Die elterliche Sorge – früher hieß sie „elterliche Gewalt“ – umfasst die wesentlichen Entscheidungen wie Schulwahl, den Aufenthalt oder die Vermögensverwaltung. Das gemeinsame Sorgerecht, wie es für ehelich Geborene gilt, soll dabei prinzipiell auch zum neuen Leitbild für die Kinder Nichtverheirateter werden.

Eine vollständige Gleichstellung sollte es dennoch nicht geben. In der Begründung zum neuen Gesetz steht, weshalb. Rund ein Drittel aller Kinder in Deutschland wird unehelich geboren. Für rund die Hälfte von ihnen geben die Eltern eine gemeinsame Sorgerechtserklärung ab. Doch abweichend vom harmonischen Standardpaar ohne Trauschein gibt es immer noch vielfältige Lebenssituationen, die eine gemeinsame Sorge unmöglich machen – zumindest aus Sicht der Mütter, die sie dann oft verweigern. Meist werden „potenziell kindeswohlrelevante Probleme in der Elternbeziehung ins Feld geführt“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Im Klartext: Es würde nur Streit zwischen den Beteiligten geben. Seltener sind es handfestere Gründe, etwa wenn der Vater Alkoholiker ist oder zur Gewalttätigkeit neigt.

Das Vetorecht der Mutter wurde abgeschafft. Nun können die Väter vor Gericht gehen, wenn ihnen die gemeinsame Sorge verweigert wird. Und: Sie können die Alleinsorge erkämpfen, wenn die gemeinsame Sorge ausgeschlossen erscheint und die alleinige väterliche Verantwortung aus Sicht des Kindes das Beste wäre.

Allerdings soll das alles nicht allzu kompliziert werden. Nicht verheirateten Vätern soll das Sorgerecht nicht automatisch zufallen, sie sollen sich kümmern, also einen Antrag stellen. Im Regelfall aber soll es den Müttern überlassen sein, zu begründen, weshalb sie die gemeinsame Sorge ablehnen. Schweigen sie auf den Antrag des Vaters oder begründen sie ihre Ablehnung nicht konsequent mit Aspekten des Kindeswohls, greift eine gesetzliche Vermutung für die gemeinsame Sorge. Dann kann das Familiengericht nach Aktenlage entscheiden, ohne Anhörung der Betroffenen. Die Mütter haben nur eine Frist von sechs Wochen ab Geburt, um ihre Vorbehalte deutlich zu machen. Die SPD hielt diesen Zeitraum für zu knapp bemessen und stimmte dem Gesetz deshalb nicht zu.

Schließlich ermöglicht die Reform, den Vater auch gegen seinen Willen in die Pflicht zu nehmen. Solche Konstellationen dürften selten sein, doch ist das Recht der elterlichen Sorge prinzipiell eine Frage der Verantwortung – und damit auch eine Frage der Pflicht. Männer sollen sich nicht einfach entziehen können, wenn die Mütter auf gemeinsame Sorge Wert legen.

Ein differenziertes Modell, dessen Praxistest aussteht. Läuft alles nach Plan, soll das Gesetz im Sommer in Kraft treten. Es hat lang gedauert. Im Kindschaftsrecht mitverhandelt werden immer auch Geschlechter- und Partizipationsfragen, nicht zuletzt auch Rollenbilder wie die des modernen Mannes, der sich anders als die Paschas vergangener Tage um seinen Nachwuchs kümmert, selbst wenn die Beziehung zur Mutter gescheitert ist oder es nicht einmal eine richtige gab.

Entsprechend gibt es dazu auch keinen Konsens unter den europäischen Staaten. Viele Länder, auch im Osten Europas, gehen den Weg, der auch hierzulande von vielen als der modernste gepriesen wird, sie sprechen unverheirateten Eltern die Sorge immer gemeinsam zu. In Skandinavien und den Niederlanden gelten dagegen ähnliche Regelungen, wie sie jetzt für die Bundesrepublik gefunden worden sind.

Der Überblick zeigt: Die früher einmal recht unangreifbare Stellung unverheirateter Mütter im Sorgerecht war eher ein Unikum. Leichten Herzens hat man sich davon nicht verabschiedet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Urteil 2009 feststellen müssen, dass die deutsche Ausschließlichkeit Väter in ihrem Recht auf Achtung des Familienlebens verletzen kann. Eine Sichtweise, die sich später auch das Bundesverfassungsgericht zu eigen machte. Zwar immer noch mit Bedenken, weil der Sorgerechtskonflikt das Kind belasten könnte, doch auch mit mehr Offenheit dafür, die Klärung im Einzelfall besser den Gerichten zu überlassen.

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